Das Landgericht Hannover hat in einem aktuellen Verfahren gegen Tipico und zugunsten eines klagenden Spielers entschieden. Tipico muss Schadensersatz in Höhe von 21.250 € bezahlen. Die Begründung ist einfach: Tipico hat im fraglichen Zeitraum nach Auffassung des Gerichts in Deutschland ohne Lizenz und Konzession Online-Glücksspiele angeboten. Daraus ergebe sich ein rechtswidriges Verhalten. Der Schadensersatz ist die logische Folge.
Tipico muss für alte Sünden zahlen
Beim Verfahren gegen Tipico vor dem Landgericht Hannover ging es nicht um einen aktuellen Fall, sondern um einen Zeitraum vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2021. Damals galt noch der Glücksspielstaatsvertrag 2012. Unter diesem Glücksspielstaatsvertrag gab es keine Regulierung des Online-Glücksspiels, sodass es nicht möglich war, in Deutschland eine Lizenz für ein Online-Casino oder andere Online-Glücksspielangebote zu bekommen.
Eine Ausnahme stellte für einige Jahre Schleswig-Holstein dar, aber nur für Bürger des Landes. Doch der Kläger hatte seinen Wohnsitz in Niedersachsen und war dementsprechend von dieser Ausnahme nicht betroffen. Das Landgericht Hannover sah somit klar und eindeutig den Kläger in Recht und verurteilte Tipico zu einer Rückzahlung des gesamten eingezahlten Betrags in Höhe von 21.250 €.
Die Anwälte von Tipico argumentierten, dass eine maltesische Lizenz vorhanden gewesen sei. Zudem seien die Spieler in den allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf hingewiesen worden, dass sie überprüfen müssten, ob das Angebot in ihrer Jurisdiktion zulässig sei. Allerdings ließ sich das Landgericht Hannover auf diese Argumentation nicht ein.
Für das Gericht war ausschließlich maßgeblich, ob es eine deutsche Lizenz gab. Das Thema Dienstleistungsfreiheit wurde nicht weiter erörtert. Maßgeblich sei allein, dass die Dienstleistungen, die der Spieler in Anspruch genommen habe, an seinem Wohnsitz stattgefunden hätten. Dementsprechend sei auch das deutsche Recht maßgeblich.
Noch ist nicht klar, ob Tipico gegen den Richterspruch vorgehen oder die Strafe bezahlen wird. Es handelt sich um eine Altlast, aber Tipico ist grundsätzlich bestrebt, nicht allzu viele Spieler aus früheren Zeiten zu motivieren, ähnliche Klagen zu führen. Deswegen kann es durchaus sein, dass es eine weitere Runde vor Gericht geben wird.
Da Tipico aber ein großes Unternehmen ist, das in Deutschland seit Jahren eine Lizenz für Online-Glücksspiele hat, ist davon auszugehen, dass die Zahlung nicht einfach verweigert wird. Theoretisch wäre dies wahrscheinlich möglich, denn das verklagte Unternehmen sitzt in Malta.
Schadensersatzklagen gegen maltesische Unternehmen schwierig
Im österreichischen Medium Profil berichtet aktuell ein Prozessfinanzierer von seinen Erfahrungen mit Klagen gegen maltesische Glücksspielanbieter. Der Prozessfinanzierer kassiert 36 % vom gezahlten Schadensersatz, wenn die Klage erfolgreich ist. Ansonsten bleibt er auf den Kosten sitzen. Im Jahr 2024 ist es dem Prozessfinanzierer nach eigenen Angaben gelungen, etwa 24 Millionen € erfolgreich zurückzufordern.
Allerdings sind es vorwiegend große Unternehmen, die grundsätzlich ein Interesse daran haben, irgendwann einmal eine Lizenz in Österreich zu bekommen, die Schadensersatz zahlen. Viele maltesische Unternehmen verweigern hingegen jede Zahlung. Bislang gelingt es kaum, diese Unternehmen dazu zu zwingen, Schadensersatz zu leisten.
Der Prozessfinanzierer berichtet von einem maltesischen Richter, der angeblich grundsätzlich sämtliche Schadensersatzforderungen abweist, und zwar mit Verweis darauf, dass die maltesische Glücksspielbranche mit einem Anteil von 12 % am Bruttoinlandsprodukt für den Inselstaat unverzichtbar sei.
Die meisten Malta-Glücksspielanbieter zahlen nicht freiwillig, sodass der Prozessfinanzierer neue Wege einschlagen muss, um zum Erfolg zu gelangen. Eine Geschäftsführerklage ist ein möglicher Weg, aber noch ist unklar, ob der Europäische Gerichtshof diesen Weg zulässt. Darüber hinaus versucht der Prozessfinanzierer, den Schadenersatz über die Banken der maltesischen Glücksspielanbieter zu bekommen.
Auch bei diesem Ansatz ist nicht klar, ob es am Ende zu nachhaltigen Erfolgen kommt. Aber es bewegt sich einiges. Mittlerweile geht sogar die EU-Kommission gegen die berüchtigte Bill 55 vor, mit der maltesische Glücksspielanbieter sogar von staatlicher Seite vor Schadenersatzklagen geschützt werden.