Mit ihren 27 Jahren hat Sandra schon viel erlebt und viel von der Welt gesehen. Denn auch sie wurde nicht als Pokerspielerin geboren. Nach Abitur und Studium hatte sie einige Jobs und verfolgte mehrere Projekte. Eventorganisationen, Management und Filmprojekte führten sie bis Namibia. Ein Blick in den Lebenslauf verrät, dass Sandra eine Frau ist, die etwas bewegen will und sich nur schwer in ein Schema einordnen lässt. Selbstbewusst und zielstrebig verfolgt sie ihren Weg. Vor drei Jahren landete sie durch Zufall beim Pokerspiel. Spielte sie früher vorwiegend online, verdreht sie nun live den Männern die Köpfe.
Als sie am Final Table der Casinos Austria Poker Tour (CAPT) Graz im August 2008 Platz nahm, konnten sich die meisten ihren Namen nicht merken. „Black Mamba“ blieb da viel leichter im Gedächtnis hängen. Konnte doch keiner ahnen, dass sie schon kurz darauf als das neue Gesicht bei den German Full Tilt Pros erscheinen würde.
Die einen waren überzeugt vom Talent der jungen Berlinerin, die anderen konnten sich die zynischen Bemerkungen kaum verkneifen. In der Tat hat es eine Frau am Pokertisch nicht leicht. PokerStars Pro Katja Thater kennt das Schicksal. Erst als sie 2007 ihr WSOP Bracelet im Razz gewann, verstummte die laute Kritik. Sandra Naujoks brachte ihre Kritiker ebenfalls zum Schweigen. Einen Europameistertitel gewinnen, das muss einem erst nachgemacht werden.
Vor allem bei dieser hochkarätigen Konkurrenz am Final Table. Harry Casagrande, Ivo Donev und Full Tilt Kollegen Stefan Rapp hatte sie hinter sich gelassen. Als Underdog ging sie ins Heads-up gegen den PokerStars Pro Alex Kravchenko. Fast aussichtslos war ihre Situation. Doch bei David gegen Goliath hat auch David gewonnen. Und in Baden hat eben Sandra Naujoks gewonnen. Der erste Europameistertitel, der im No Limit Hold’em vergeben wurde, und den hat sich die Berlinerin geholt.
Doch trotz all ihrem Selbstbewusstsein, wirkt sie auch ein wenig verloren, wenn sie den Pokerroom betritt. Viele Spieler kennen sich seit langen Jahren und Sandra ist „die Neue“. Manchmal hat es den Anschein, als wäre der schwarze Cowboyhut nicht nur Sandras Alternative zur Sonnenbrille, sondern als vermittle er ihr auch ein Gefühl der Sicherheit. Die Inszenierung Sandra Naujoks ist nahezu perfekt. Der Mensch Sandra Naujoks ist eben auch nur ein Mensch. Ihre männliche Konkurrenz reagiert sehr unterschiedlich. Während ihr die einen fürsorglich, fast väterlich begegnen, flirten die anderen ungeniert mit ihr. Unbefangen und kumpelhaft mit ihr umzugehen, das fällt schon schwer. Unbestritten ist sie ein heißer Feger, der mal eben auch russische Bracelet Gewinner einstaubt. Dabei hatte sich Alex Kravchenko sicherlich nicht von den durchdringenden blauen Augen ablenken lassen. Sandra spielte einfach gutes Poker und holte sich verdient den Titel.
Oft genug werden Siege einer Glückssträhne zugeordnet. Vielleicht hatte Sandra Naujoks in den letzten Wochen auch nur ein wenig mehr Glück als die anderen. Man wird sehen, was die Zukunft bringt. Wir wünschen ihr weiterhin viel Erfolg. Vielleicht kommt ja nächstes Jahr auch ein Weltmeistertitel hinzu. Der schwarze Cowboyhut wird auf jeden Fall immer mit dabei sein.