Kolumnen

Take off, check in, bust out –  Das Leben im PokerJetset

Ich sitze gerade im Taxi vom Flughafen zu meinem Hotel in Barcelona, als mir einmal mehr bewusst wird, was für spezielle Ansprüche, aber auch Annehmlichkeiten das Leben im Pokerjetset doch mit sich bringt. Mein glückliches Schicksal: Reisen. Rund um den Globus, 300 Tage im Jahr. In der Tat, es gibt Schlimmeres als das. Aber was gilt es alles zu beachten, wie sieht die Reiseplanung aus und wie bekommt man die Zeit am Flughafen rum? In diesem kleinen Ratgeber habe ich Ihnen sämtliche Antworten auf diese Fragen zusammengefasst.

Alles beginnt beim Kofferpacken. Ein doch recht umständliches Unterfangen, wie Sie schnell feststellen werden. Nachdem mich in Dortmund ein Journalist höflich darauf hingewiesen hat, dass die gleiche Trainingsjacke an zwei aufeinanderfolgenden Tagen (nein, nicht die Puma-Jacke von Florian Langmann) nicht ganz dem Pokerknigge entspricht, möchte ich mir diese Peinlichkeit in Zukunft natürlich ersparen. Also packe ich zuerst fünf verschiedene Trainingsjacken ein, für jeden Spieltag eine. Jetzt folgt noch die Reiseapotheke, Ladegeräte und nützlicher Kleinkram wie … Taschenmesser, Korkenzieher, Nagelschere, Teelichter, Reisepass. Um eine zügige Reise zu gewährleisten, empfiehlt es sich, letzteren öfters auf Gültigkeit zu kontrollieren. Ganz wichtig: Für den unwahrscheinlichen Fall eines früheren Ausscheidens braucht man natürlich auch ein, zwei alltagstaugliche Outfits, um beim Bummeln durch die Stadt nicht gleich als Pokerspieler identifiziert zu werden. Nach dem letzten Punkt hat mein Koffer nun also ein geschätztes Gesamtgewicht von ungefähr 30 Kilo (Schuhe sind schwerer, als man denkt). Das kann einen allerdings bei einigen Fluggesellschaften teuer zu stehen kommen.

Mein Tipp: Sind Sie eine Frau, dann suchen Sie sich den Schalter mit einem Herrn aus und tragen Sie, falls nicht von der Natur gesegnet, blaue Kontaktlinsen. Ihre Chance, mit dieser Taktik durchzukommen, liegt erfahrungsgemäß bei ungefähr 80 Prozent. Für die Herren der Schöpfung gilt … ja, um Gottes willen, zahlen Sie halt! Doch wie soll man nun die Zeit am Flughafen und während des Fluges sinnvoll nutzen? Dazu gibt es verschiedene Ansätze. Im Idealfall finden Sie bzw. arrangieren bereits im Vorfeld einen anderen Pokerspieler. Chinesepoker ist jetzt unser Stichwort. Kein Tisch, kein Dealer, keine Chips, aber jede Menge Glücksfaktoren.

Diese drei Dinge sollten Sie jedoch unbedingt beachten:
1. Lernen Sie die Regeln … das hilft ungemein.
2. Spielen Sie nie um Geld, das eigentlich für überlebenswichtige Dinge wie Rückflugticket, die Shoppingschlacht am freien Spieltag oder den Eskortservice vorgesehen war.
3. Regeln Sie unbedingt vor Beginn des Spiels, welchen Wert sie welchen Royalties zuordnen, damit es kein böses Erwachen gibt.
Ach … das hätte ich fast vergessen:
4. Spielen Sie auf gar keinen Fall mit Sebastian Ruthenberg, der anscheinend am chinesischen Nationalfeiertag Geburtstag hat. Er gewinnt IMMER. Glauben Sie mir, dass er die größere Bankroll von Ihnen beiden hat, wäre Ihr geringstes Problem. Das bringt mich auch schon zu meinem nächsten Thema.

Sie sind es gewohnt, Ihre Bankroll der Einfachheit halber in großer Stückelung mit sich zu führen. Kein Problem. Nur denken Sie zu Beginn Ihrer Reise daran, auch Kleingeld dabei zu haben. Nicht selten tritt der Fall ein, dass beim Besuch der Toilette ein Wegezoll zu entrichten ist, und gerade am Anfang ihrer Schicht kann es vorkommen, dass die Reinigungsfachkraft einen 500er-Schein nur sehr ungern wechselt. Bringen Sie sie nicht in Verlegenheit und halten Sie ausnahmsweise einige Münzen für diesen Fall bereit.

Im Hotelzimmer angekommen, empfiehlt es sich, als erstes das WLAN auf Geschwindigkeit zu untersuchen. Öffnen Sie hierfür ihren Pokerklienten und spielen Sie testhalber 10 bis 20 Hände. Sollte sich Ihr Account jetzt bereits in den Sitout-Modus verabschiedet haben, haben Sie ein echtes Problem. Es hat sich in den meisten Hotels gezeigt, dass der Empfang in der Lobby um einiges besser ist. Machen Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch. Sie werden sehen, dass das auch seine gute Seite hat, denn dort lernen sie in kürzester Zeit Gleichgesinnte kennen. Nutzen Sie bereits hier die Gelegenheit, um sich bei Ihren Kollegen über angebotene Cashgames, Rake und Anmeldeformalitäten des Casinos zu informieren. Cashgames sollten Sie nur dann interessieren, wenn Sie frühzeitig aus dem Turnier ausgeschieden sind. In etwa so wie ich gestern. Jetzt sitze ich im Taxi zum Flughafen und frage mich, warum der Typ mich tatsächlich mit Jacks gesnapcalled hat. Mein Taxifahrer reißt mich mit einem katalanischen Kauderwelsch aus meinen Gedanken und zeigt auf das Taxameter: 21,50 Euro. Was heißt eigentlich „Können Sie einen 500er wechseln?“ auf Spanisch?


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