Kolumnen

Ach, diese Niederlage

Immer wieder diese Niederlagen. Man spielt gut, man kämpft, man denkt vor und denkt nach. Man hat nur Pech. Statt Freude und Geld nur Trauer und Scham. Und Selbstzweifel. Statt Ehre und Ruhm nur Schmach und Rum. Immer wieder diese Niederlagen.

Es schmerzt. Heute Nacht schmerzt alles, nicht nur die Trennung, auch dieser schreckliche Hunger von Körper und Geist nach dir. Ich umarme dich, wie ich die nie zuvor umarmt habe, tiefer, trauriger, leidenschaftlicher. Und verzweifelter. (Aus einem Brief von Anais Nin an Henry Miller. Beides keine Pokerspieler.)

Und dennoch, auch im tiefsten Schmerz, in der größten aller Niederlagen, huldigen wir dir. Du, das einzigst wahre Kartenspiel der Welt. Du, das unsere Leidenschaft und unsere Droge ist. Du Arschloch. Manchmal lieben wir dich, meistens aber wollen wir dich beleidigen.

Du, der uns Halluzinationen verschaffst. Von Final Tables und Heads up-Situationen bei den größten Events des Planeten. Mindestens Vegas, nicht die illegale Ali-lädt-ein-Cash-Game-Runde. Du, die Tollkirsche der Kartenspiele. Hochgiftig, süchtig machen und schwer zu kurieren. LSD und Pilze in zweiundfünfzigfacher Ausführung. Von Dealern verteilt, die immer nur dich aufstehen lassen. Die Arschlöcher.

So also ist Poker. Zumindest unsere Gefühlslage, wenn wir schon wieder relativ weit weg vom Geld aufstehen müssen. Trotzdessen wir unser A-Game gespielt haben, trotzdessen wir sicherlich der spielstrategisch beste Player am Tisch waren.

Wer Trost braucht, greift zu einem halben Liter Glühwein. Oder zu Weihnachtsgebäck. Das hilft aufgrund der Gewürze auch. Zumal heute tatsächlich der internationale Tag des Lebkuchenhauses ist. Eine Tradition, genauso wie der König aufm River.


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