Kolumnen

Das Jahr des Drachen

Gerade dieses Jahr scheint für Jan Heitmann die Sonne besonders hell zu scheinen. Irgendwie hat er es heraufbeschworen! Sein Mantra „JahrDesDrachen“ steht seit chinesisch Neujahr (23. Januar) unter jedem seiner Tweets. 2012 steht im Zeichen des Drachen, u.a. einem Glücksymbol. Jan fordert dieses Glück konsequent für sich ein. Kann man das? Und wenn ja: warum tun wir das nicht alle? Was hat es mit dem Mythos „Lauf“ auf sich?

Der Lauf. Schon das Wort schwingt. Stundenlang, wochenlang, ein Leben lang, warten wir auf ihn. Er soll all das richten, was sonst nicht so rund läuft. So sehr dieser Gedanke auch fasziniert, im Allgemeinen bin ich kein Freund des Glaubens an einen Lauf. Man kann so vieles aktiv gestalten, dass man sein Leben nicht mit warten, jammern und hoffen verbringen darf.

Unter speziellen Gesichtspunkten aber bin ich dann doch dem Glauben an einen Lauf verfallen und hoffe, mittels folgender Argumentation widerspruchsfrei davon zu kommen:

1. Das Phänomen Lauf, so wie es gemeinhin verwendet wird – dass einem also die Karten besonders hold sind – existiert immer nur in der Vergangenheit und somit nicht! Karten fallen in sogenannten gedächtnislosen, stochastischen Prozessen. Diese bemalten Plastikdinger sind ja auch viel zu doof, als dass sie „wüssten“, dass wir komischen Menschen mit ihnen pokern; geschweige denn, dass eine Straight etwas Gutes ist. Außerdem ist alles was passiert, für sich gesehen, extrem unwahrscheinlich. Irgendetwas aber muss nun einmal passieren und nur manches davon nehmen wir bewusst war: Wenn der River mit der Kreuz Zwei ausblankt, dann denkt niemand „ausgerechnet diese Kreuz Zwei“. Spült er aber das ebenso (un)wahrscheinliche Pik Ass an, dann steigt plötzlich die Stimmung und der Gewinner streicht neben dem Pot auch noch Pathos ein. Fügung wird angedichtet.

2. Durch den Glauben anderer kann ein Lauf tatsächlich entstehen. Sagen wir, das Pik Ass aus dem Beispiel von eben hilft mir. Während ich den Pot einsacke, erinnert sich ein Mitspieler, dass mir schon einmal ein Ass geholfen hat. Der Dealer erwähnt meinen glücklichen Pik-Flush von vor 3 Stunden und ein weiterer Spieler bemerkt, dass mein Stuhl bereits vor meiner Zeit schon „hot“ war! Plötzlich bin ich ein mystisch unbezwingbarer Glückspilz, den man besser meiden sollte. Ich gewinne in der Folge leichter, weil meine Gegner von ihrem A-Game gegen mich abweichen. Gleichzeitig spiele ich mit erhöhtem Selbstvertrauen und damit nahe an meinem eigenen A-Game weiter. Mein Lauf ist real geworden! Weder habe ich auf ihn gewartet noch glaube auch an ihn. Er existiert einfach in den Köpfen meiner Gegner und von dort findet er seinen Weg in meine Wirklichkeit.

3. Die eigene Spielweise muss nicht verändert werden und kann trotzdem plötzlich effizienter sein als sie es bisher war. Man fühlt sich „im Lauf“. Poker und die Strategien dahinter sind im ständigen Wandel. Man spielt wie immer, bisher kam der große Durchbruch nie. Nun endlich läuft es. Man gewinnt, was man nach eigenem Ermessen „schon immer verdient gehabt hätte“. Das ganze Pech von „damals“ wird gesühnt. Um beim konkreten Beispiel zu bleiben: man hält schon immer gerne Ass-Kombinationen bis in späte Setzrunden hinein (Warum auch immer!? Nur ein Beispiel…). Plötzlich kommt es in Mode, dass auf ein Ass am River gerne geblufft wird. In dieser Modephase ist diese Spielweise plötzlich um einiges lukrativer geworden, ohne dass man irgendetwas dafür getan hat! Aus Versehen hat man die perfekte Antwort auf die aktuelle Spielweise in seiner Umgebung. Man gewinnt und gewinnt. Man sagt: „ich habe einen Lauf.“

Ich hoffe nun beschrieben zu haben, warum ein Lauf gleichzeitig existent wie nicht-existent ist; warum es gleichzeitig gut wie schlecht ist, sich mit ihm zu befassen. Mein Fazit ist:

Man sollte dem Phänomen nicht negativ begegnen. Es hilft nicht zu trauern, dass er sich nicht blicken lässt. Es hilft nicht zu zürnen, dass er ständig andernorts unglaublich Positives bewirkt.
Es hilft durchaus, an die eigene Stärke und an das eigene Glück zu glauben. Sobald sich die anderen davon anstecken lassen, dann hat man ihn selbst geschaffen: seinen höchstpersönlichen Lauf.

Jan gelingt derartiges zurzeit. Ich gratuliere ihm von Herzen dazu.

Zahler zocken – Könner kalkulieren

Stephan Kalhamer für
gaming-institute.de


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