Kolumnen

Frauen und Poker – die hitzigste Diskussion des Pokersommers

Die Schlacht am medialen Buffet ist eröffnet, das Sommerloch gestopft. „Frauen und Poker“ – ein Thema, das die Gemüter aller Geschlechter erhitzt und zur Schlammschlacht in allen (anti)sozialen Kanälen aufruft.

„Politik und Religion haben am Pokertisch nichts verloren“. Ein Grundsatz, der immer öfter außer Acht bleibt und auch zur Spaltung der (Poker)Gesellschaft beiträgt. Masken und politische Gesinnungen haben zuletzt immer wieder für heiße Twitter-Schlachten namhafter Poker Pros gesorgt. Nun ist wieder einmal das Thema „Frauen im Poker“ an der Reihe. War es der 15-way Chop beim Ladies Event im Wynn oder die Aussage von bencb aka Benjamin Rolle, dass Männer einen Wettbewerbsvorteil im Poker haben – die Diskussion um Frauen und Poker ist heißer als je zuvor.

Tatsächlich ist es eine Diskussion, aus der nie ein Sieger, sondern nur Verlierer hervor gehen werden. Poker hat viele Parallelen zum „richtigen Leben“ und „Frauen und Poker“ ist dasselbe wie „Frauen in Führungspositionen“.

Es gibt keine genauen Statistiken, aber auf 1.000 pokerspielende Männer kommen im Schnitt keine 20 Frauen. Auf niedrigen Limits sind es sicher mehr, auf hohen Limits sicher weniger. Nimmt man den Vergleich „Frauen in Führungspositionen“, dann sind wir wahrscheinlich eher in der Relation – bei 100 Männern zwei Frauen, online vermutlich unter einer.

Warum ist das so? Weil Männer so böse sind? Nein, Zickenkriege sind heftiger als jeder sexistische Kommentar, den ein Mann abgeben kann. Weil Männer kompetitiver sind? Nein, Frauen haben definitiv mehr Rivalität. Kein Männer-Turnier kann je eine so frostige Stimmung haben wie ein Frauen-Turnier.

Woran liegt es dann? Vermutlich ist der Grund genau dort so finden, wo er auch im richtigen Leben zu finden ist. Es gibt einige Frauen, die sind Ausnahmetalente. Beim Pokern würde mir spontan Jennifer Harman einfallen. Sie hat über so viele Jahre auf den höchsten Limits mit so vielen Legenden mitgehalten. Dann gibt es einige, die auch wirklich an ihrem Spiel arbeiten und auf dem Elitelevel mitspielen wollen – und können. Wie Maria Ho oder Kristen Foxen.

Tatsache ist – es gibt nur ganz, ganz wenige Frauen, die wirklich professionell Poker spielen. Professionell heißt per Wikipedia-Definition:

Bedeutungen:

[1] von einem Fachmann ausgeführt, auf fachmännische Art

[2] kommerziell, das heißt gegen Bezahlung; hierbei ist ausdrücklich keine Aussage über die Qualität gemeint

Fangen wir bei „von einem Fachmann ausgeführt“ an. Wer beurteilt beim Pokern, wer ein Fachmann ist? Wenn man nach der Spieltheorie richtig spielt? Wenn man gewinnt? Wenn ja – Cash Game oder Turnier, über welchen Zeitraum, auf welchen Limits? Die  Diskussion, wer der beste Pokerspieler ist, ist nie endend. Es kommen immer wieder gleiche Namen auf wie Phil Ivey. Aber auf der anderen Seite neigen viele Pros dazu, zum Beispiel Phil Hellmuth als einen schlechten Spieler zu beurteilen. Nach wie vor ist er aber Rekord-Bracelethalter und die Pokergewinne können sich auch sehen lassen. Weit vorne in der All-Time Money Liste zu sein, heißt nicht, auch viel Geld zu haben. Tatsächlich sind viele, die ganz vorne sind, broke oder spielen im Staking. Millionen im Poker gewonnen zu haben, heißt nicht, sich auch eine Kaffee leisten zu können.

Kommen wir zur kommerziellen Bedeutung von professionell. Wie viele professionelle Pokerspieler gibt es? Ich würde den Prozentsatz bei unter 10 % ansetzen, eher 5 %. Nimmt man ein High Stakes Event mit 100 Spielern, geht man von 80 Poker Pros aus, davon würde ich noch mal 30 abziehen, weil viele auch mit Investments ihr Geld machen, also vielleicht die Hälfte. Legen wird den Schlüssel auf Frauen im Poker um.

Jessica Teusl, die Ladies Weltmeisterin 2022

Gibt es überhaupt in Deutschland, Österreich oder der Schweiz wirklich eine professionelle Pokerspielerin? Und ich meine nicht, dass jemand aus Mangel an einem anderen Job Arbeitslosengeld oder eine sonstige soziale Unterstützung erhält und halt beim Pokern ein paar Euros zu gewinnen versucht. Richtig professionell, ausschließlich aus Pokergewinnen lebend – mir würde keine einfallen. Denn tatsächlich fällt auch Jessica Teusl, die aktuell wohl bekannteste Pokerspielerin im DACH-Raum, nicht in diese Kategorie. Auch wenn sie viel spielt und viel an ihrem Spiel arbeitet, de facto hat sie dennoch eine erfolgreiche Werbeagentur und ist keine professionelle Pokerspielerin. Aber sie ist definitiv die aktuelle Vorzeigespielerin im DACH-Raum und der Beweis, dass man es vom kleinen € 20 Daily Tournament im Pokerroom um die Ecke auf die ganz große Showbühne schaffen kann.

Vor 10-15 Jahren hätte man sicherlich Katja Thater oder Sandra Naujoks in die Kategorie der professionellen Spielerinnen eingereiht, obwohl ihre Einnahmen durch Werbegelder auch schon sehr hoch waren. Aber aktuell würde mir wirklich keine einzige bekannte Spielerin einfallen. Das heißt nicht, dass es keine Spielerin gibt, aber mir würde wirklich keine einzige einfallen, die ausschließlich vom professionellen Pokerspiel lebt und im DACH-Raum auch in der Öffentlichkeit steht.

Damit sind wir wieder bei der generellen Diskussion – warum gibt es so wenige Frauen in Führungspositionen. Es gibt Klischees und Vorurteile, die definitiv unangebracht sind. Eine Pokerspielerin ist nicht automatisch eine schlechte Mutter, weil sie kurz nach der Geburt wieder am Pokertisch sitzt.  Dass Frauen weniger mathematisches Verständnis haben als Männer – ich weiß es ehrlich nicht. Es gibt garantiert unzählige Studien, die sich damit beschäftigen. Aber Fakt ist für mich, was ich schon vor einigen Monaten zum Thema „Ladies Events“ geschrieben habe. Im richtigen Leben und auch im Poker wollen viele Frauen (und vor allem die meisten der Ladies-Gruppierungen) eine Sonderbehandlung, um dasselbe Level eines Mannes erreichen zu können. Das ist im richtigen Leben falsch und genauso im Poker.

Dabei ist gerade im Poker „gleich“ noch viel einfacher als in vielen anderen Bereichen. Man startet mit einer Bankroll, man spielt, man gewinnt oder  verliert. Das Geld ist nicht geschlechterspezifisch. Beim Turnier erhält jeder dieselbe Anzahl an Chips. Man bekommt nicht weniger Chips als Frau, die Levels sind auch nicht kürzer. Man ist nicht durch irgendwelche äußeren Einflüsse benachteiligt. Es herrschen 100 % gleiche Voraussetzungen. Möge der Bessere gewinnen. Oder die Bessere. Und das ist dann auch die einzige korrekte Ansicht zu „Frauen und Poker“.


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
7 Comments
Inline Feedbacks
View all comments