Niki Kovacs hat mich auf Facebook angeschrieben. Das riecht „unfoldbar“ nach Arbeit: Ich mag ihn und meinen Job einfach zu gerne, als dass ich nicht drauf eingehen würde. Er weiß das. Somit hängen wir nun alle drin. Danke Niki. 😉
Nikis Nachricht lautete:
Hi Stephan!
Ich werde im April die folgende Hand bei Pokerfirma zur Diskussion reinstellen:
Titel: 1010 mit 56 BBs
Beim einem Online-Turnier (Buyin: EUR 150) ereignete sich ca. 200 Plätze vor ITM folgende Hand:
Stack der involvierten Spieler:
Spieler am CO: 44k
Spieler am Button: 16k
Du sitzt im BB: 45k
Startdotation: 20k
Infos zu den Gegnern:
Spieler am CO: Er ist ziemlich aktiv. Er raist sehr viel in late Position.
Spieler am Button: Er limpt sehr viele Hände und er ist nach einem Isolationsraise mit einer Contibet am Flop sehr leicht auszuspielen.
Bei Blinds 400/800 Ante 75 eröffnet der Spieler am CO auf 1,8k. Der Spieler am Button pusht allin. Du callst im BB mit und nun pusht der Initialraiser auch allin.
Bist Du bereit in dieser Situation für ca. 56 BBs broke zu gehen? Wenn ja, isolierst Du dann den allin-Spieler? Oder callst Du den allin-Spieler nur, um danach das allin des Initialraisers auch zu callen?
Mich würde im Vorfeld Deine Meinung dazu interessieren.
Danke im voraus für Dein Feedback.
LG
Niki
Besonders fallen mir die vielen absoluten Details an dieser Situationsbeschreibung auf. Ich denke relativer.
So sind es beispielsweise „absolute 200 Plätze vor ITM“. Ich ordne diese Info relativ ein, indem ich unter Berücksichtigung der Blinds und der involvierten Stacks annehme, dass die Startphase ausklingt und das Positionieren beginnt. Man spielt wage irgendwo „dazwischen“. Nicht wirklich deep, aber auch nicht massiv unter Druck. Nicht mehr early, aber auch längst noch nicht Bubble. Man re-evaluiert seinen Matchplan nach den nun mal vorhandenen Umständen…
Zum eigentlichen Ablauf der Hand habe ich eine klare Meinung. Alles dreht sich um die Interpretation des Button-Pushs. Die Spieleranalysen dazu sind eindeutig. Das CO-Opening ist zum Entscheidungszeitpunkt nicht gefährlich für TT: „Er ist ziemlich aktiv. Er raist viel in late Position.“ Der Button wird als zu isolierender, gerne limpender Fisch beschrieben. Das hilft uns direkt nicht weiter. Denn er pusht hier. TROTZDEM liegt genau hier der Schlüssel für meine Entscheidung mit TT.
Ich sehe die Situation polarisiert:
a) Ich folde meine Hand, wenn ich der Meinung bin, dass dieser limpende Fisch seine Monster verrät, indem er sie preflop besonders groß spielt. Solche Profile gibt es zur Genüge. In solchen Fällen muss man einfach dankbar folden.
b) Ich committe meine Hand, wenn ich der Meinung bin, dass der Button gerade gereizt ist. Ob konkret vom CO oder auch allgemein davon, dass schon mehrfach postflop mit ihm „Schlitten gefahren“ wurde, spielt dabei keine große Rolle. Gegen die Range eines steamenden Pushs ist TT einfach massiv wertschöpfend und damit ein klares Spiel.
ba) Ich calle die 16k, wenn ich denke, dass dies den CO zu einem „fehlerhaften“ Folgespiel verleiten könnte. Denn gegen bessere Hände komme ich aufgrund der Odds ohnehin nicht mehr wirklich raus, es sollen also ruhig auch die Schlechteren bluten…
bb) Ich pushe hier im Normalfall nicht direkt. Wie eben angedeutet, callt mich dann quasi nur, was mich auch schlägt. Ein Push vernichtet potentiellen Value von einem Gegner, der auf hier unangebrachte Ideen mit schlechten Händen wie etwa „Foldequity“ oder „Position“ kommt. Beides ist hier natürlich Unsinn, weil mein Stack reingeht, komme was wolle. Zur Erinnerung: Auch per Push stirbt man hier gegen bessere Hände. Call+Call arbeitet in diesen tragischen Setups zwar nicht besser, aber diese Line bekommt unter Umständen eine erhebliche Menge weiterer Chips von Händen wie 99 oder AT – oder einfach von einer Aktion, die einzig aus „richtig viel Mut“ beim Gegner resultiert.
Zahler zocken – Könner kalkulieren
Stephan Kalhamer für
gaming-institute.de