Kolumnen

Jouer sans les bleus

Zur Zeit schreibt Präsident Obama „British Petroleum“ (BP) fast wöchentlich eine Rechnung. Im größten Verbraucherland herrscht eine der größten Katastrophen für Mensch und Natur. Falls dann BP irgendwann nicht mehr zahlen kann, würde ich, wenn ich Präsident der USA wäre, zur sofortigen Änderung der Maßeinheit aufrufen: Die Gallone würde dann zum Liter werden – ohne Preisänderung an den Zapfsäulen!

Sein Vorgänger George Bush hatte Onlinepoker als Katastrophe angesehen und so den „Unlawful Internet Gambling Enforcement Act (UIGEA)“ eingeführt. Herr Berlusconi verschärfte dies noch um einen weiteren Schritt und entzog darauf den Italienern sogar das weltweite Pokeruniversum.

Und jetzt doppelte Herr Sarkozy mit eigenen Gesetzen nach. In Frankreich darf deshalb seit dem 1. Juli 2010 nur noch ein französischer Onlineanbieter auftreten, welcher eine staatliche Lizenz gelöst hat. Pokerstars, Chilipoker, Everest, Bwin Full Tilt und Winamax sollen das Ding schon haben und die Bedingungen des französischen Staats einhalten.

Einzahlungslimits von 470 Euro pro Tag und 1750 Euro pro Monat sind ja noch das wenigste. Auch wurde die maximale Buy-In Summe auf 10’000 Euro pro Monat festgesetzt. Profis mit Sit’n’go Affinität müssen hier sicher betreffend der Höhe der Buyins und der Varianz umdenken.

Jedoch fallen neu 2% Steuer auf jeden Pot (auch Preflop!) in die neue Kalkulation eines französischen Pokerspielers rein, welche jetzt nur noch untereinander spielen dürfen. So kann es durchaus sein, dass auf einen Pot bis 3.50 Euro 7% Rake anfallen, weil die Onlinebieter die Rake und diese Steuer vollumfänglich addieren oder sogar noch versteckt erhöhen.

In den einschlägigen Foren ist jetzt die Diskussion entbrannt über diese „Abschröpfungen“. Niemand hätte gedacht, dass die Pokerspieler aus Frankreich doch wieder ihre Fußballmannschaft als Vorbild nehmen und nächsten Sonntag streiken:

So funktioniert der Onlinestreik: Es werden die Tische besetzt und die Spieler setzen aus.

Natürlich wollen sich einige deutschsprachige Spieler aus Solidarität dem Streik anschliessen und diesen auf die weltweit offenen Plattformen ausbreiten.

Wenn man als Spieler außerhalb dieses abgeschotteten Raums die gesamte Situation analysiert, so sieht man, dass bei den garantierten Preispools bei Pokerstarsturnieren vermehrt Overlays anfallen. Dies war früher sehr selten der Fall. Natürlich ist der Spielerschwund auch anderweitig argumentierbar (WSOP, Fußball, Sommer). Darum ist es jetzt spannend zu beobachten, wohin die Entwicklung hingeht. Ob die Onlineanbieter viele Neuzugänge generieren können, mag ich zu bezweifeln. Durch die Aussperrung unserer italienischen und französischen Nachbarn werden vermutlich die garantierten Preispools bei Turnieren angepasst.

Auf jeden Fall merkt der regelmässige Spieler bei den Cashgamepartien, welcher sich vorgängig auf Plattformen mit vielen französischen Spielern bewegte, dass durch die Ausgrenzung vom weltweiten Markt, sich deutlich weniger „Pesce“ und „Poissons“, ähnlich wie im Golf von Mexico, tummeln. Wie gerne habe ich doch diese neugierigen Spieler, welche sich den Flop gerne anschauen. Weg sind die vielen Zahler meiner gefloppten Sets, welche ihre Bottompairs bis zum Schluss zahlen.

Deshalb muss sich der regelmässige Pokerspieler wieder neu orientieren und vielleicht auch neue Accounts bei kleinen Anbietern eröffnen. Es gibt sie noch, die lohnenden Cashgametische im Internet, auch ohne unsere Nachbarn. Ein Augenschein lohnt sich; vor allem am Wochenende.

Die Turnierspieler können momentan von vielen Overlays von garantierten Preispools profitieren. Diese sind aktuell auf fast allen Plattformen zu finden. Eine Anpassung ist bald zu erwarten.

Trotzdem hoffe ich, dass die Ausgrenzung oder die Reglementierungen im deutschsprachigen Raum nicht eintreffen und sich der Grundidee des Internets sich nicht verschließen – nämlich der weltweiten Vernetzung von Netzwerken oder in unserem Fall, vom internationalen Pokerspiel!

Cheers

Martin Bertschi


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