Kolumnen

Liebes Poker,

Ich mag dich. Irgendwie. Und das weißt du. Aber trotzdem, trotz aller wirklich tiefen Gefühle, muss ich heute mit dir schimpfen. Du blödes Arschloch. Nun sind wir schon im neuen Jahr und es geht genauso beschissen weiter wie 2017. Was soll das? Ich dachte, wir beide hätten eine Abmachung. 2018 sollte mein Jahr werden und ich könnte mit Ole und Fedor gleichziehen. Was soll das, du dumme Sau? Natürlich ist das Jahr noch lang, aber wenn du schon so anfängst, wird das auch in den nächsten Monaten nicht besser. Oder willst du mich wirklich im Februar all die Flips gewinnen lassen, die ich jetzt schon wieder regelmäßig, nämlich immer verliere? Oder willst du wirklich im März den Oneouter auch mal für mich kommen lassen? Das kann ich mir nur schwer vorstellen.

Nein, es läuft genauso übel wie es letztes Jahr aufgehört hat. Und das liegt nicht nur an meiner 74-prozentigen Call-Quote nach dem Flop, nachdem ich 96 Prozent preflop gecallt habe. Mit dieser Ausrede würdest du es dir zu einfach machen, du Arsch. Ja, du siehst, ich bin sauer. Ich bin enttäuscht. Und voll angepisst. Und ja, in diesem Fall betrachte ich Scheitern wirklich als Niederlage. Weil wir eine andere Absprache hatten. Auch wenn ich weiß, dass nicht alles funktioniert und wenn ich normalerweise akzeptieren kann, das manche Vorhaben nicht funktionieren. Sollte halt einfach nicht sein. Verschon mich jetzt halt bitte nur mit solch pseudoreligiösen und esotherischen Sprüchen. Den Unsinn hab ich schon tausendmal gehört. Poker ist nun mal kein Feng Shui. Auch wenn der Dealer in der falschen Nord-Süd-Achse saß und die Temperatur meines Chai-Tees um 1,6 Grad zu niedrig war. Geh mir einfach mit solchen Kleinigkeiten nicht auf die Eier, sondern lass mich endlich gewinnen. Ich bin da mittlerweile echt pessimistisch. Ja, ich fluche, wenn mir ein Vogel auf den Kopf scheißt. Optimisten hingegen freuen sich, das Kühe nicht fliegen können.

Nein, es läuft genauso übel wie es letztes Jahr aufgehört hat. Und das liegt nicht nur an meinem tief verwurzelten Glauben, dass der Bauchschuss immer ankommt. Immer. Nun lässt du mich schon wieder diese Berg- und Talfahrt erleben. Dabei hatten wir uns auf Gipfelstürmertun geeinigt. Schon vergessen? Ich bin der Messner des Casinos, der Reinhold der Karten. Der Weg auf den persönlichen Gipfel ist das Ziel. Ich will auf den Berg. Am liebsten bei Sonne, ohne Brand. Muss nicht unbedingt im Sommer sein. Sommer ist übrigens auch scheisse. Das Bier wird warm, die Schokolade schmilzt, die Mücken stechen und hässliche, unförmige Menschen haben kaum Klamotte an.

Also, dumme Sau, lass mich gewinnen. Immer. Auf dass Ole Angst vor mir bekommt. Und der Daniel auch.


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