Kolumnen

Mein Freund der Fold

Jeder, der schon etwas länger der Pokerleidenschaft frönt, hat seine Stärken und seine Schwächen erkannt. Jeder Spieler hat sein Eigenbild mit dem Fremdimage abgestimmt. Jeder Spieler hat sich sein eigenes Profil erstellt. Und jeder handelt entsprechend seiner Vorlieben und spielt seine Favoriten. Was kann ich, was kann ich schlecht und wofür eignet sich mein Intelligenzquotient so gar nicht.

Der eine spielt lieber, weil deutlich besser, Turniere. Der andere fühlt sich eher beim Cash Game geborgen. Des einen Naturell ist der tighte Rock, der andere kann gar nicht anders als aggressive zu donken. Einer favorisiert Texas Holdem, der andere erkennt seine Liebe und seine Leidenschaft zu PLO. Der eine spielt eher Multi Tables, ein andere wiederum hat sich auf reine Heads Up-Duelle spezialisiert. Einer sieht seine Schwächen im 7 Card Stud und spielt deshalb keine Mix Games. Ein anderer wiederum konzentriert sich mittlerweile ausschließlich auf 5 Card Draw. Einer kann und will nur Freerolls, ein anderer hingegen setzt sich erst ab 10/20 an die Tische dieser Welt. Euro, nicht Cent. Einer will ausschließlich 6-max-Tische, seinem Kumpel hingegen ist das völlig egal. Einem reichen 18 Prozent vor dem River um reinzustellen, ein anderer hingegen callt nie unterhalb einer 72 prozentigen Sicherheit. Jeder wie er kann, jeder wie er will. Und jeder, wie er sich am besten fühlt. Weil er seine Stärken kennt. Einer spielt nur live, weil er online zu wenige Reads auf die Gegner oder auf den Dealer entwickeln kann; für einen anderen Spieler ist genau das der Grund, fast ausschließlich die hohen Sonntags-Events auf dem Bildschirm zu spielen. Einer spielt alles, einige spielen sehr selektiert. Einige haben schon mal etwas gewonnen, die anderen haben diejenigen bezahlt. Einer erkennt seine Schwächen beim Bluff, andere hingegen bluffen niemals. Manche spielen kontinuierlich ABC-Poker, andere Spieler können nicht einmal fehlerfrei buchstabieren. Ein Spieler ist in Draw-Spielen extrem gut, ein anderer wiederum spielt generell nur Pokervarianten ohne Gemeinschaftskarten. Manche Spieler mögen den geblankten River und spielen damit, manche Spieler hingegen haben regelrechte Angst vor der letzten Karte. Einer ist preflop sensationell stark, ein andere wiederum überzeugt durch sein starkes und überlegtes postturn-Spiel.

Auch ich; ich persönlich habe im Laufe der letzten Jahre meine Stärke erkannt. In vielen der vorgenannten Bereiche bin ich extrem schwach. Vieles davon verstehe ich nicht oder handle immer falsch. Meine Stärke ist der Fold. Da verliere ich am wenigsten.

queens_bart


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