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Mein Kommentar zur Lage im Casino Hohensyburg

Deutschland ist um einen Pokerskandal reicher. Oder viel mehr hat es den Anschein, als wollten manche, dass Deutschland wieder mal einen handfesten Pokerskandal vorweisen kann. Denn ein bisschen an der Oberfläche gekratzt, ist gar nichts mehr so, wie es eigentlich zu sein scheint. Statt einem Schuldigen und einem Leidtragenden gibt es in der Causa Hohensyburg viel mehr Beteiligte, als es den Anschein hat.

Da hätten wir zunächst das Casino Hohensyburg oder besser gesagt die Turnierleitung. In der Job-Description wurde offenbar auf die Anforderung „rhetorisch begabt und versiert im Kundenumgang“ vergessen. Aussagen wie „Der Geldbeutel war in der Lade nach hinten gerutscht“ haben bei einem Turnier nichts zu suchen. Das Casino ist hier als Dienstleister und Verwalter des Preispools in Amt und Würden. Wie würde sich denn ein Herr Turnierleiter fühlen, wenn er die Bank seines Vertrauens aufsucht, um Geld von seinem Konto zu beheben und bekommt als Antwort „Da müssen Sie ein bisschen warten, ich muss erst die Schubladen im Tresorraum durchsuchen, ob noch was da ist“. Wenn Geld im Spiel ist, dann ist höchste Präzision gefragt. Ein zufriedener Spieler ist schließlich die Garantie des Arbeitsplatzes für den Casinoangestellten. Denn nicht alle Pokerspieler sind so süchtig, dass sie ohnehin immer ins Casino stürmen, nur um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Gerade in schlechten wirtschaftlichen Zeiten sollte Service groß geschrieben werden. Und da bekommt die Turnierleitung eine glatte 6. Ein Rhetorikseminar kann ich nur dringend empfehlen, auch der Pressestelle des Casinos. Denn die aktuelle Aussendung, in der zu den Vorfällen Stellung genommen wird, ist mehr als dünn. Niemand hat ein anderes Statement als „Alles geprüft und in Ordnung“ erwartet. Ein Vorschlag, wie man in Zukunft besser mit Rebuy-Turnieren umgehen könnte, wäre hier dringend angebracht und wird von der Poker-Community noch dringender gefordert. Falls es dem Casino noch nicht aufgefallen ist, der IQ beim Gros der Pokerspieler ist durchschnittlich doch höher als der von suchtgefährdeten Automatenliebhabern.

Genau diese Pokerspieler haben sich in dieser Sache aber auch nicht mit Ruhm bekleckert. Denn es hat den Anschein, als hätte sich von den über 80 Startern am Donnerstag gerade mal eine Handvoll über die eigenwillige Zahl bei der Rebuy-Anzeige brüskiert. Aussagen wie „Ich will doch kein Hausverbot riskieren“, sind unangebracht. Oder überschätze ich aktuell den IQ des gemeinen Pokerspielers und er denkt doch nur ans Zocken. Denn wer bitte will in einem Casino spielen, in dem er vermeintlich betrogen wird? Da kann ich doch gleich über Horst Koch einen Sponsorvertrag bei GNUF abschließen. Zuerst mucksmäuschenstill im Casino sitzen und hinterher die Klappe aufreißen, bringt einschlägigen Magazinen gute Klicks, aber in der Sache selbst genau nichts. Schon oft genug habe ich darum gebeten, dass Ihr, liebe Pokerspieler, Euer Gehirn nicht an der Garderobe mit abgebt. Mitdenken ist ausdrücklich erwünscht.

Aber eigentlich spannend wird die Causa „Skandal in Hohensyburg“ genau dann, wenn man ein bisschen tiefer an der Oberfläche kratzt. Denn die Angelegenheit sieht nicht nur aus wie eine Hetzkampagne, sie ist auch eine. Es gibt durchaus Personen, die Interesse daran haben, die neue Leitung im Casino Hohensyburg stets in einem schlechten Licht dastehen zu lassen. Da wären zum einen jene Spieler, deren Nebeneinnahmen aus lukrativen Privatrunden langsam versiegen, da sich das Pokerangebot in der Hohensyburg vervielfacht hat und die Spieler immer mehr ins Casino abwandern. Plötzlich ist ein 2/4 No Limit Hold’em Spieler gleich viel wert wie ein hoher PLO-Spieler. Ja richtig, denn von den 2/4 Spielern gibt es viel mehr. Nicht, dass sich das Casino immer korrekt in der Serviceleistung verhält, dass sei hier nicht unterstellt. Da kommt ein Anlass wie die vermeintlich unkorrekte Verrechung eines Turniers gerade recht, um wieder ein wenig Druck auszuüben. Schlimm genug, dass sich manche Medien auch noch dazu missbrauchen lassen, ohne den Sachverhalt zu prüfen.

Monatelang hatte ich das Gefühl, die deutsche Pokerszene sei am Weg der Besserung. Die Schlagzeile „Skandal im Casino Hohensyburg“ gleich in mehrfacher Ausführung belehrt mich eines besseren. Statt konstruktiv und verantwortungsbewusst daran festzuhalten, Poker aus der Negativ-Presse draußen zu halten, ist man noch stolz darauf, zitiert zu werden. Nein, das ist es nicht, was Poker braucht. Das spielt genau jenen Politikern in die Hände, die ohnehin mit Feuereifer gegen unser geliebtes Spiel agieren. Statt des aktiven Dialogs wird der Weg des oberflächlichen Sensations-Journalismus gegangen. Schade wieder einmal um eine vergebene Chance, Positives in Zusammenarbeit zu bewirken.


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