Kolumnen

MOMENTUM

… oder der richtige Zeitpunkt, aufzugeben. In letzter Zeit habe ich wieder damit begonnen, aktiver Heads-up online zu spielen.

Was mir immer wieder aufgefallen ist, besonders gegen toughere Gegner auf höheren Limits, ist die Bedeutsamkeit der Fähigkeit, zum richtigen Zeitpunkt ein Match zu beenden und sein Momentum richtig zu erkennen.

Besonders auf den höheren Limits ist die Action mittlerweile sehr trocken. Immer weniger Profis spielen; die meisten warten nur noch darauf, schlechte Gegner zu finden, um die Varianz möglichst gering zu halten, aber auch, weil sie es nicht mehr gewöhnt sind, sich gegen gute Gegner zu behaupten. Allgemein werden sie als „Bumhunter“ bezeichnet, machen leider aber heutzutage den Großteil aller aktiven Profis aus. Viele dieser Bumhunter warten nur den ganzen Tag darauf, einen Fisch zu finden, und sitzen teilweise ohne Action stundenlang vor ihrem Rechner.

Der kleine Spielerpool, der dann noch Action gibt, setzt sich aus den besten Online-Heads-up-Spielern der Welt zusammen. Der Vorteil ist in der Regel recht klein, da diese Profis über jahrelange Heads-up-Erfahrung verfügen und sehr gute Resultate haben. Folglich wird es immer wichtiger, den richtigen Zeitpunkt zu wählen, um gegen sie profitabel zu spielen. Am besten ist natürlich ein Szenario, in dem der Gegner sich auf seinem B-C-Game befindet und man selbst auf seinem A-Game. Es gilt also die Profis zu einem Zeitpunkt zu spielen, wenn sie möglichst schlecht sind und es einem selbst möglichst gut geht. Dazu gilt es, sich selbst vor dem Pokerspiel in einen positiven Zustand zu versetzen und am besten den Gegner abzupassen, wenn er grade einen Downswing durchmacht und vielleicht sogar etwas on tilt ist, also sein Spiel nicht auf einem optimalen Stand ist.
Grundlage für mich, um erfolgreich und möglichst lukrativ Poker zu spielen, ist ein balanciertes Leben. Das heißt, ein geregelter Schlafrhythmus, gutes Essen, Sport und Entspannung. In der nächsten Zeit möchte ich mich auch mit Meditation und autogenem Training beschäftigen, um mich noch besser zu konzentrieren. Vor allem aber nur Poker spielen, wenn ich mich hoch konzentriert fühle und auf meinem A-Game.
Ich denke, es ist immer noch höchst profitabel möglich, online gegen sehr gute Profis zu spielen; allerdings ist es wichtig, diszipliniert zu sein. Dazu gehört auch die Fähigkeit, zum richtigen Zeitpunkt aufzugeben. Die Profitabilität setzt sich daraus zusammen, den Gegner on tilt zu bringen und gleichzeitig viele Hände zu spielen, durch mehrere Tische. Im Heads-up ist es sehr wichtig, über ein gutes Momentum zu verfügen. Wenn es gut läuft, funktionieren Bluffs viel besser und es fällt leichter, Value bets auch noch dünner zu wählen. Der Gegner macht schlechte Calls und selbst schlechte Bluffs, weil er schon verunsichert und tilted ist. Es gibt keinen Pokerspieler der Welt, der im Upswing so gut spielt wie im Downswing. Verluste und Gewinne affektieren jeden psychisch. Demzufolge sollten im Upswing mehr und längere Sessions gespielt werden und im Downswing weniger und kürzere Sessions.

Selbst Phil Ivey befolgt dieses Konzept wohl fast strikter als jeder andere Profi. In Matches gegen die besten Gegner der Welt quittet er fast immer, nachdem er ein bis zwei Buy-ins verloren hat, weil er dadurch ein schlechtes Momentum bekommt. Gewinnt er, spielt er lange Sessions und hört meistens erst auf, wenn sein Gegner quittet. Ich habe persönlich in der letzten Zeit sehr stark bemerkt, dass ich dies viel zu wenig tue und sehe es als eines meiner Hauptleaks an. Wenn ich mich gegen einen starken Gegner nicht mehr richtig konzentriert fühle und merke, dass er durch gute Calls oder Bluffs Momentum bekommt, so sollte ich immer aufgeben und auf einen besseren Zeitpunkt warten. Besonders, wenn ich mich nicht absolut wohl und gut fühle, sollte ich mich nicht in Matches gegen toughe Gegner begeben, sondern lieber an meinem Spiel arbeiten oder niedriger spielen. Es gibt immer noch genügend schwache Gegner auf niedrigeren Stakes.

Abschließend gilt es zu sagen: Je mehr Poker sich verändert und professioneller wird, desto wichtiger wird es, an der eigenen Einstellung zu arbeiten und seinem Gegner immer einen Schritt voraus zu sein..


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