Kolumnen

Nicht olympisch, aber vertreten

Wie so oft in olympischen Zeiten wird der Ruf von einigen  Pokervereinspräsidenten laut, Poker doch endlich olympisch zu machen. Ein Großteil der olympischen Vorgaben wäre erfüllbar. Poker ist ein weltweit verbreiteter Sport und in manchen Gegenden als Geschicklichkeitsspiel anerkannt. Um vom IOC ins olympische Programm aufgenommen zu werden, muss Poker als Männersport in 75 Ländern und vier Kontinente gespielt werden, als Frauensport reichen 40 Länder auf drei Kontinenten.

Wenn man die IFP (International Federation of Poker) als Maßstab nimmt, dann sind dort zurzeit 30 Pokerverbände aus vier Kontinenten Mitglied. 45 Verbände müssten sich noch gründen, um unter den fünf Ringen pokern zu dürfen. Dies sollte mit internationaler Verbandshilfe nicht schwierig sein. Wenn Sportarten wie Schach, Bridge und Boule vom IOC anerkannte Sportarten sind, dann hätte Poker dieselbe Berechtigung. Der Varianz könnte man durch „Duplicate poker“ entgehen, so wie es bei der Weltmeisterschaft der International Federation of Poker im London Eye im November 2011 gespielt wurde und Poker wäre olympisch.

Das größte Hindernis dürften die Statuten des IOCs in Bezug auf Doping sein. Das IOC fordert, dass die jeweiligen Verbände sich völlig der WADA (World Anti-Doping Agency) unterwerfen. Poker vergleicht sich gerne mit Schach. Falls Poker genauso wie Schach als Sport anerkannt werden sollte, dann muss sich Poker auch an die Vorgaben der WADA halten. 1963 klang die Definition von Doping noch etwas holprig: „Die Verabreichung oder der Gebrauch körperfremder Substanzen in jeder Form und physiologischer Substanzen in abnormaler Form oder auf abnormalem Weg an gesunde Personen mit dem einzigen Ziel der künstlichen und unfairen Steigerung der Leistung für den Wettkampf.“ Bei den Doping-Kontrollen geht es weniger darum, den Sport nicht ungesund zu machen, sondern den Sportler. Die Dopingkontrollen sollen den Sportler vor „körperschädigenden Substanzen“ schützen. So steht unter anderem Alkohol auf der Verbotsliste. Grund dafür ist ein Vorfall aus dem Jahr 1904. Damals bekam der US-Amerikanische Marathonläufer während seines Olympiasiegeslaufs in St. Louis von seinem Betreuer Brandy und Strychnin zur Leistungssteigerung verabreicht. Er kollabierte nach dem Zieleinlauf.

Wenn Poker als Sport anerkannt werden soll, dann muss Poker genauso wie im Schachsport Dopingkontrollen über sich ergehen lassen. Bei den Kollegen der Schachabteilung kam es dadurch zu skurrilen Situationen: Eine burgenländische Kreisliga-Spielerin (Vorletzte im Ranking) bekam von der NADA (Nationale Antidoping Agentur Austria) an einem Sonntag um 7:00 morgens Besuch. Der Grund des Besuchs lag in einer Dopingkontrolle. Wenig erfreut über diesen Umstand verweigerte die renitente Schachspielerin die Kontrolle und warf die Herren der NADA kurzer Hand aus dem Haus, was eine zwei Jährige Sperre mit sich zog.

Koffein steht seit 2004 nicht mehr auf der Dopingliste, Substanzen wie Cannabis (gilt nicht als leistungssteigernd, wird aber trotzdem getestet), Ritalin (steigert die Aufmerksamkeit, den Wachheitsgrad und die Leistungsfähigkeit) und Muskelaufbaustoffe aber schon. Substanzen, welche auf internationalen Pokerturnieren (leider) zum Standard gehören. Der aufmerksame Leser wird jetzt bei dem Wort „Muskelaufbaustoffe“ in Zusammenhang mit Pokerspielern verwundert sein. Ein Beispiel: In seiner Freizeit betreibt ein Pokerspieler sagen wir mal Body-Building. Und weil er das nur für sich und zu Gunsten seiner eigenen Schönheit tut, nimmt er Steroide. Steroide verändern sein Pokerspiel in keiner Weise. Spielverbot bekäme er bei einer Kontrolle aber trotzdem.

Bevor man darüber nachzudenken beginnt, ob Poker ein Sport ist oder nicht, sollte man darüber nachdenken, wie sinnvoll es überhaupt ist, Poker zu einem Sport werden zu lassen. Für Randsportarten mit wenigen Sponsorgeldern wie Billard, Boule oder Bowling ist es wichtig, Sport zu sein, zumal diese ihre Verbands und Vereinsausgaben von den Fördermitteln des Lotto/Toto Pools begleichen. Aber mehr als ein paar hundert, vielleicht tausend Euro dürften das nicht sein. Umgekehrt müsste sich aber die anerkannte Sportart Poker den Gesetzen der „echten“ Sportler anpassen. Wozu? Für ein paar hundert Euro Jugendförderung pro Jahr? Oder anders gerechnet, ein Buy-in für ein kleines Side-Event der CAPT?

Poker muss kein Sport werden. Poker soll ein vom Gesetzgeber anerkanntes Geschicklichkeitsspiel sein, welches unter vorher bestimmten Voraussetzungen gespielt werden darf. Das wären unter anderem:

–    der Spielerschutz
–    ein vernünftiges Steuersystem für Spieler und Anbieter
–    ein lückenloses Sicherheitssystem Online- und  Live-Poker
–    geschultes Personal
–    vorgegebene Statuten für Pokervereine

Wer vertritt zurzeit die Poker-Community vor dem Gesetzgeber?

Es sind die Spielbanken, Online-Pokeranbieter und, in Österreich, die CCC – Gruppe inklusive ihres ehemaligen schärfsten Konkurrenten, dem Montesino. Alles gewinnorientierte Unternehmen, welche, wie der Name schon sagt: Gewinne erwirtschaften wollen und nachdem der Spieler derjenige ist, der den Gewinn gewährleisten muss, werden die „Vertreter“ wohl kaum im Sinne der Spieler ihre Verhandlungen mit dem Gesetzgeber führen.
Auch wenn einige sich jetzt theatralisch nach hinten fallen lassen, die Hände zusammenschlagen und rufen: „Bitte nicht schon wieder diese Verbandsscheiße!“, Richtig, es braucht keinen Verband, sondern zuerst eine funktionierende Spielervertretung.

Ist die International Federation of Poker (IFP) eine Alternative?

Nein, zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Ein Pokerverband sollte meiner Meinung nach, die Vertretung der Spieler sein und die IFP macht bis heute nicht den Anschein dies zu sein. Viel zu undurchsichtig sind bis heute die endgültigen Ziele und Strukturen des Verbandes. Die IFP handelt von oben herab. Sie beginnt nicht an der Basis, wie es einem Verband der Spieler vertreten sollte entgegen käme, sondern macht Lobbyarbeit in verschiedenen artverwandten Spiel und Sportvarianten, um Poker als Sport anerkennen zu lassen. Nichts gegen die IFP und ihre Tätigkeiten, ich unterstelle ihnen den besten Willen, allerdings sieht es eher nach Gewinnorientierung aus, als nach einer Vertretung von Spielern und deren Interessen.

Wozu eine starke Spieler-Lobby notwendig wäre ist schon hunderte Male erörtert worden. Aber anscheinend ist es den Spielern egal, dass ihre Rechte und Wünsche nicht vertreten werden. Es sei denn es geht ums Geld, dann wird es laut und nach monetärer Vergeltung und Gerechtigkeit gerufen. Warum auch nicht, ist es doch das einzige, das einen Pokerspieler interessiert. Vergessen wir doch mal das „spielen des Spielens willen“. Poker wird um Geld und nicht um Ansehen gespielt. Wie unbefriedigend ist ein gewonnener Monopoly-Abend im Gegensatz zu einem erfolgreichen Pokerabend.
Aber bleiben wir beim echten Geld. Träumen wir uns z.B. in eine Pokerzukunft, mit hunderten Pokerclubs in ganz Deutschland, Poker in großen Räumen, mit über hundert Tischen und Poker ist ein Breitensport geworden. Das alles gesponsert von Mercedes, Red Bull oder REWE. RTL, SAT1 und die ZDF kämpfen um die Übertragungsrechte. Aber mit wem? Wahrscheinlich mit dem Veranstalter der  Turnierserie. Diese machen die Turnierserie nicht, weil ihnen so langweilig ist, sondern weil sie ein Produkt verkaufen und das ist durchaus legitim. Nehmen wir an, die Unibet Open würde so florieren, dass sie wirklich jemanden interessieren würde und Unibet verkauft die Übertragungsrechte an RTL. Was passiert mit den Rechten der Spieler? Mit ihrem Antreten wird das Turnier erst möglich. Müsste dann nicht das Extrageld für die TV-Rechte in den Preispool fließen oder die Rake gesenkt werden? Vergessen wir nicht, dass bei der WSOP genau dies passiert. PokerNews und ESPN haben die TV-Exklusivrechte erworben und dies sicher nicht für ein Händeschütteln und ein flüchtiges „Danke“. Aber was passierte mit dem Geld? Sollte nicht das Fernsehen die Spieler bezahlen und nicht umgekehrt?
Wenn jetzt das Argument kommt, dass solche Übertragungen ja sehr viel Geld kosten, dann wäre es genauso dumm, wie wenn der Fabrikbesitzer erklärt, dass die Gehälter gekürzt werden müssen, weil seine neue Yacht so teurer ist.

Wieder zurück in der realen Gegenwart. Bedarf für einen Spielervertretung gibt es auch ohne futuristische Wunschvorstellungen. Einheitliche Regelauslegung und kein Wildwuchs an Spielregeln, wie es momentan in den Casinos der Fall ist könnte eine Spieler-Lobby forcieren. Wie ist es möglich, dass ein falsches Verhalten am Pokertisch im einen Casino mit einer Ermahnung geahndet wird und im anderen mit einem Orbit aussetzen? In Casino A ist es möglich, dass ein Spieler 10 Minuten tankt, bis die Uhr gerufen werden darf, in Casino B ist das schon nach zwei Minuten möglich. Klar will das Casino, dass viele Hände gespielt werden, darin liegt auch ihr Gewinn, aber liegt das immer im Interesse des Spielers, dass er nur zwei Minuten zum „in-sich-kehren“ Zeit hat, nur weil das Casino aus gewinnorientieren Gründen die Zeit festlegt? Bei manchen kniffligen Situationen muss man einfach genauer nachrechnen und analysieren um eine halbwegs richtige Entscheidung zu treffen. Nochmals: Es geht nicht um zwei Minuten auf oder ab, es geht um ein leicht überschaubares, einheitliches Regelwerk, welches von allen Casinos anerkannt wird. Die Casinos selbst werden dies nicht tun, die organisierten Spieler könnten es. Conclusio:
Poker braucht nicht olympisch werden, Pokerspieler sollen sich endlich organisieren und das Schlusswort gehört Eddy Scharf:

„Bei den Master-Classics in Amsterdam wurden damals 45k vom Veranstalter dazu gegeben. Heute wird Geld herausgenommen. Und warum? Weil die Pokerspieler zu allem „Ja und Amen“ sagen und immer begeistert sind und „toll“ zu allem sagen. Die haben nicht gelernt Stellung zu beziehen.“ (Auszug aus einem Interview im April 2012 im Wiener Montesino)


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