Kolumnen

Öffentlicher Brief an den Schweizer Casinoverband

Am 26. Oktober 2010 hat die Rechtskommission des Ständerats, sich mit neun zu einer Stimme gegen die Befürwortung der Motion „Lukas Reimann – zur Entkriminalisierung des Pokerspiels“ ausgesprochen. Noch nichts ist in der Schweiz entschieden, doch trotzdem liess der Kommentar Chefs des Schweizer Casinoverbands (SCV) nicht lange auf sich warten.

Wie sehr ist der Geschäftsführer des SCV, Herr Marc Friedrich, schwierig zu verstehen. Als Vorsteher eines Verbands von Casinobetrieben, machte er zuerst mit der Schweizer Pokerszene um Marc Horisberger gute Miene. Vielleicht musste er ja auch, weil ein Mitglied seines Verbands, das Casino Schaffhausen, gerade mit diesem erfahrenen Pokerveranstalter ein Mietverhältnis plant, so dass dieser in Casinoräumlichkeiten professionelle und faire Pokerturniere durchführen kann.

Natürlich lässt die Bewilligung durch die hier schon oft erwähnte Behörde, welche am liebsten zu Büroöffnungszeiten kontrolliert, die „Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK)“, auf sich warten. Übrigens ist der Casinoverband und diese Behörde in der Schweizer Hauptstadt nur ein paar Blocks auseinander domiziliert. Entsprechend wäre eine konstruktive Verständigung eigentlich wünschenswert.

Meine persönliche Enttäuschung bezüglich der Aussage von Herrn Friedrich auf „20min.ch“, dass er „gegen eine erneute Öffnung des Marktes für nicht konzessionierte Pokerveranstalter sei“, ist gross:

Sehr geehrter Herr Friedrich,

Pokerturniere sind für ihre zahlenden Verbandsmitglieder kein Geschäft. Allenfalls sind diese eine Marketingmassnahme um mehr Kundschaft in die Casinos zu locken.

Sie sind doch schon zu lange im Geschäft und sehen dies sicher ein, dass es neue Massnahmen braucht, um mehr Kundschaft für die Casinos zu generieren. Schauen sie doch einmal auf die Synergien, welche Pokerveranstalter und eben ihre Verbandsmitglieder daraus schöpfen. Sprechen Sie einmal mit Herrn Herbst vom Grandcasino Baden über die schon bestehende Zusammenarbeit mit Herrn Horisberger. Glauben sie mir: Es funktioniert!

Mit ihrer grossen Verantwortung können sie sich doch nicht gegen private Pokerveranstalter stellen und die über 50’000 Turnierpokerspieler in die Illegalität drängen und dreisten Veranstaltern einen Steilpass zum Ausbau von Hinterzimmern liefern. Legales faires Turnierpoker ist ein Bedürfnis!

Meinen Sie nicht, dass es solche sogenannte unfairen „Poker-Revival-Turniere“ wie sie in Bern stattgefunden haben, nicht braucht? – Ihr Mitglied ist nicht einmal bereit, über die Missstände Auskunft zu geben und hat bewiesen, dass ein faires Pokerturnier zu organisieren, nicht einfach ist.

Mit ihren Aussagen gegen private Pokerturnierveranstalter verbauen sie sich selbst die Möglichkeit auf Neukunden im Casino. Denn eher fängt heute ein junger potentioneller Neukunde an, Poker zu spielen, als sich mit Roulette oder Automaten zu befassen.

Sehen sie private Turnierveranstalter als Betriebe, welche hochwertige Pokerturniere veranstalten und die Gästezahlen für ihre Mitglieder ankurbeln, weil die Casinos auch mehr Charme bieten und der ein oder andere Spieler, dann auch einmal dorthin Poker spielen gehen will.

Genau darum fände ich es gerade jetzt stark von ihnen, wenn sie gerade jetzt als potentioneller Vertreter der Glücksspielbranche einen Vorstoss machen würden, und sich dafür aktiv einsetzen, dass Turnierpoker ausserhalb der Casinos legal gespielt werden kann. Grenzen wie die Höhe zu Buy-ins und einer Spielerregistrierung (Stichworte: Suchtprävention und Geldwäsche), wären sicher einfach zu verhandeln. Die höheren und lukrativeren Turniere könnten auch weiterhin ihre Mitglieder durchführen.

Glauben sie mir Herr Friedrich, sie würden hier eine Win-Win Situation schaffen, für ihre Kunden und die Mitglieder des Casinoverbands. Und ich wäre nicht gezwungen illegal oder im Ausland zu spielen.

Mit freundlichen Grüssen

Martin Bertschi

Link zum Artikel von 20 Minuten: http://www.20min.ch/news/schweiz/story/11735969

Bericht vom Pokerturnier in Bern: http://www.pokeraction.ch/news/news/archive/2010/october/19/article/was-war-denn-im-grand-casino-bern-los.html


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