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Pokerturniere im Wandel der Zeit

Deepstack Turniere sind in. Große Events wie die PokerStars European Poker Tour oder die World Poker Tour haben Maßstäbe gesetzt und das Bewusstsein der Turnierspieler in den letzten Jahren stark verändert. Was noch vor drei, vier Jahren als „mega-super“ galt, trägt heute den Stempel „unspielbar“.

2003 brach mit dem WSOP Sieg von Chris Moneymaker der große Boom aus und Poker breitete sich nicht nur weltweit aus, das Spiel veränderte sich auch rasant. Turnierpoker rückte immer mehr in den Vordergrund und die sportliche Komponente wurde gefördert. Ebenso verbesserten sich die Strukturen zusehends. Wie sehr sich Turnierpoker in den letzten Jahren verändert hat, zeigen zahlreiche Beispiele.

Als 2007 die ersten PokerOlymp Open im Casino Schenefeld stattfanden, war das die Turniersensation in Deutschland überhaupt. Die Eckdaten des Main Events: Buy-in beim Main Event waren € 1000, dafür gab es 5000 Chips, die Blinds starteten bei 20/40 (ohne Antes) und stiegen in den ersten drei Levels alle 35, danach alle 40 Minuten. 71 Spieler nahmen teil und waren begeistert. Im Dezember 2007 war das Main Even bereits ein € 1.500 Buy-in Turnier. Dafür gab es 10.000 Chips, die Blinds starteten bei 40/80 (mit Antes), die Levels dauerten schon 60 Minuten. Das Event zog 76 Spieler nach Schenefeld und der Jubel um das wohl beste Turnier Deutschlands war groß. 2010 gab es nun die sechsten PokerOlymp Open. Viel verändert an den Strukturen hat sich nicht, sie wurden nur den neuen 25er Chips angepasst und die Blinds starteten eben bei 25/50. Die Teilnehmerzahl schrumpfte auf 66 und die Meinung der Spieler waren deutlich – „unspielbar“.

Ein weiteres Beispiel für die Veränderung des Turnierbewusstseins der Spieler ist die WestSpiel Poker Tour. 2007 gab es die erste Tour. 2500 Spieler nahmen an den Vorrunden teil, 218 qualifizierten sich für das € 500 Finale. 5.000 Chips, 30 Minuten Levels, eine Blindstruktur ohne Antes, die es heute nur noch bei Turbo Sit & Gos gibt. Tobias Reinkemeier setzte sich durch und holte sich den Mini Cooper ab. Das Feedback war super. Die zweite Saison der WestSpiel Poker Tour war kleiner gehalten, aber dennoch waren es 123 Finalisten, die nur sechs Monate später daran teilnahmen. 5.000 Chips – 20 (!) Minuten Levels, zufriedene Gesichter überall wo man hinschaute. 2009 waren es 188 Teilnehmer trotz Weltraumflug und Rebuy-Skandal, 2010 nur noch 176, und das obwohl man gegenüber dem Vorjahr schon einiges verbessert hatte. Aber die Meinung der Pokercommunity ist klar – „Sachpreisturnier im Casino – Nein, danke“.

Auch Rebuy-Turniere haben ausgedient. Schon vor zwei Jahren hat die WSOP dem Rebuy-Wahnsinn eine Ende gesetzt und nur noch auf Freezeout Turniere gesetzt. Statt unlimited Rebuys gibt s maximal Double- oder Triple Chances. Seit rund einem Jahr verbreiten sich die Second Chances, ein eimaliges Wiedereinkaufen in ein Turnier, wenn man all seine Chips verloren hat. Aber wenn ein Turnierdirektor ein „unlimited Rebuys und Add-on“ Event auf seinen Turnierkalender schreibt, kann er schon mal zwei Drittel der üblichen Teilnehmer von der Liste streichen.

Als Poker in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckte, war alles toll, Hauptsache man konnte spielen. Starting Stacks und Timetables waren Nebensache. Jetzt, nur fünf Jahre später, ist das Spiel erwachsen geworden und wer seinen Spielern nichts bietet, der sitzt im leeren Turniersaal. Ab € 500 Buy-in muss das Turnier schon ein Deepstack-Turnier sein, um die Spieler ins Casino zu locken. Deepstack heißt nicht nur viele Chips, sondern eben auch lange und flache Timetables. Immer wieder wird mit dem Schlagwort „EPT-Struktur“ geworben, denn die Tour hat in Europa neue Maßstäbe gesetzt.

Im letzten Jahr wurde die Kluft zwischen regelmäßigen Turnieren in den Casinos und den Events größer, als es auf den ersten Blick scheint. € 100 bis € 200 Turniere an einem Abend unter der Woche dauern maximal fünf bis sechs Stunden, denn am nächsten Tag muss man ja zur Arbeit. Die Teilnehmerzahlen liegen meist unter 20. Da keimt schon der Gedanke auf, dass der Pokerboom vorbei sei, doch der Grund ist ein anderer.

Man darf nicht vergessen, dass die Turniere gegenüber früher sehr teuer geworden sind. Schließlich spielt man ein € 100 Turnier nicht einfach so aus Spaß. Für viele ist das ein erheblicher Teil des wöchentlichen Haushaltsbudgets und das legt man nicht einfach so auf den Tisch. Der Anteil der wirklichen Profi-Spieler im deutschsprachigen Raum ist geringer als man denkt und Hobbyspieler suchen sich eben die besten Konditionen für ihr teures Hobby aus.

Die Pokerspieler sind erwachsen geworden, das Turnierangebot fast schon unüberschaubar. An nahezu jedem Wochenende konkurrieren Casinos im Umkreis von 300 bis 500 Kilometer miteinander. Wer hat den höchsten garantierten Preispool, wer die beste Struktur beim kleinsten Buy-in. Das Preis-Leistungsverhältnis wird von den Spielern eiskalt berechnet. Der Wettbewerb ist hart geworden und hat schon zahlreiche Opfer gefordert. Wer als Pokerchef nicht aktiv auf die Spieler zu geht und sich innovativ und kooperationsbereit zeigt, hat schon verloren.

In den letzten fünf Jahren haben sich die Pokerspieler weiterentwickelt, jetzt wird es Zeit, dass sich auch die deutschen Casinos weiterentwickeln. Poker muss zum Daily Business im Casino werden, die Spieler werden es danken.


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