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Vegas anders betrachtet: Fear and Loathing – was übrig blieb oder Das sechste Reich

Kinder lieben den Zirkus. Zumindest war das früher mal so, als es noch keine 2.0 Realität gab, sondern aufgeschürfte Knie und Sandkastenidylle. Heute ist das Thema „Zirkus“ ein bisschen außer  Mode gekommen, genauso wie das Hotel „Circus Circus“ am Strip von Las Vegas.

Im Gegensatz zum nostalgischen Zirkusvergnügen mit Manege und wilden Tieren, gleicht das Hotel allerdings eher einem riesigen Jahrmarkt und ist damit das Kinderbespaßungsmekka der sonst so sündigen Wüstenmetropole. Nirgendwo sieht man soviele Familien, soviele kleine Kinder, die sich an Automaten vergnügen. Keine echten Slotmachines natürlich, sondern die klassischen Vergnügungen vom Rummel – mit Dartpfeilen auf Luftballons schießen, bunte Bälle auf noch buntere Ziele werfen, kleine Dinge aus dem Wasser fischen. Als Preis winken billige Stofftiere in allen Größen, Formen und Farben. Die ganze Show wirkt grotesk. Nur ein Stockwerk unter dem Kindervergüngungsviertel lockt das Casino die Großen in die Spaßzone, gezockt wird da wie dort. Das kleine Kind, das heute seine Token in die kindergerechten Maschinen steckt, tut das vermutlich dann in 15 Jahren auch mit echten Coins und Scheinen in richtige Slotmachines.

Die abgedrehte Zirkusnummer hat dereinst schon Hunter S. Thompson, Autor des Klassikers „Fear and Loathing“ dazu bewogen, dass „Circus Circus“ als „sechstes Reich“ zu bezeichnen. Ja, das ist ein politisches Statement, mit dem die Managerebene des Hotels wenig Freude hatte. Und so gab es damals auch keine Drehgenehmigung für die Verfilmung von „Fear and Loathing in Las Vegas“. Von sowas lässt sich Hollywood bekanntlich nicht beeindrucken. Das Hotel wurde nachgebaut und ging als „Bazooko Circus“ in die Filmgeschichte ein. Die psychedelische Welt der 60er Jahre tritt hier also in Konkurrenz zum Familienvergnügen. Und das ist so unfassbar schräg, dass es eigentlich auch schon wieder sehr lustig ist.

Wie alle Hotels in Las Vegas, kann auch das „Circus Circus“ mit einigen Superlativen aufwarten. So ist das Zirkuszelt, das den Vergüngungspark des Hotels beherbert, das grösste permanente Zirkuszelt der Welt. Und auch der Vergüngungspark hat superlativische Ausmaße. Nicht weniger als 25 Attraktionen warten dort auf die Besucher, darunter eine Minigolf-Anlage und den weltweit grössten Indoor-Double-Loop Rollercoaster. Für 25 Dollar kann man alle angebotenen Karusellle, Achterbahnen und Attraktionen einen ganzen Tag lang benutzen. Für die Großen bietet das Resort jede Menge Automaten, Roulette und Blackjack, aber auch einen Pokerroom. Und der ist insofern bemerkenswert, als er zu den ältesten am Strip zählt. Im Jahr 1974 eröffnet, lag das Pokern dort seither niemals brach, es wurde durchgehend gespielt, bis heute. Zehn Tische stehen im Angebot des Casinos, vorwiegend zu 1/2 No Limit und 3/6 Limit Hold’em. Für das  Sparbudget also bestens geeignet. Kommt man auf eine gewisse Zahl an gespielten Cashgame-Stunden pro Woche, darf man am hauseigenen Freeroll teilnehmen, das wöchentlich veranstaltet wird. Allerdings: der Raum ist alt, die Spieler ebenso und das Kindergeschrei ist auch in diesem Teil des Hotels gut vernehmbar. Es ist also eher ein Hang zur Nostalgie oder Freude am Skurilen, der Menschen in dieses Casino treibt. Mehr sollte man sich davon auch nicht erwarten.

Doch es ist nicht alles schlecht am „Circus Circus“. Laut Insiderangaben, zählt das Steakhouse des Hotels zu einem der besten von Las Vegas. Manche behaupten gar, es sei das Beste. Seit mehr als zwanzig Jahren wird es immer wieder ausgezeichnet, trotzdem gehört es nach wie vor zu den Geheimtipps der Stadt. Das Hotel ist einfach nicht fancy genug, um echte Besucherströme aus der hippen Klientel anzuziehen, die auch bereit ist, viel Geld für gutes Essen auszugeben. Nur auf eines muss man sich gefasst machen: den Eingang des Steakhouse ziert das verglaste Kühlhaus. Ja, dort hängen Rinderhälften auf Metzgerhacken und das mag im ersten Moment durchaus abschreckend wirken. Ein Besuch lohnt sich trotzdem.

Fazit: Wer auf der Suche nach authentischem Zirkusflair ist, sollte sich an den Shows des Cirque du Soleil orientieren, von denen immer mindestens zwei in Las Vegas am Laufen sind. Wer allerdings auf der Suche nach dem skurillen Jahrmarktflair der Nachkriegszeit ist, wird im „Circus Circus“ fündig. Und zum Abschluss gibt’s ein butterzartes Steak.


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