Kolumnen

Willkommen in Kolumbien – Neue Horizonte für Live-Poker

Die Pokerszene in Kolumbien entwickelt sich schnell und es sieht so aus, als ob das Land zu den größeren Akteuren der Zukunft in Lateinamerika gehören könnte. Einer der Gründe dafür ist eine pokerfreundliche Regelung, die Veranstaltern die Möglichkeit bietet, eine Lizenz zu erhalten und zu nutzen, die es ihnen erlaubt, legal außerhalb von Casinos zu agieren – ähnlich wie in Europa, zum Beispiel in Irland, wo große Pokerveranstaltungen regelmäßig in Kongresshotels oder Resorts stattfinden.

Das Circuito Nacional de Poker (CNP) war schon immer bestrebt, neben den spanischen Pokerturnieren auch besondere Erlebnisse zu bieten, z. B. mit Festivals in Bulgarien, Rumänien, Marokko oder auf Kreuzfahrtschiffen, aber die Idee einer ganzen lateinamerikanischen Pokertour war etwas Größeres, über das man lange nachdenken und sprechen musste, erklärt Jaime Sanchez, Leiter des CNP-Projektes. Als die Idee ausgereift war und nach Monaten der Entwicklung und Werbung, wurde CNP nun in Kolumbien als „Circuito Latino de Poker“ mit einem ersten Stopp im Wyndham Hotel Bogota Anfang Oktober veranstaltet. Das Hotel verfügt über ein Casino, allerdings ist das Reis Casino lediglich ein Werbepartner. Da es weder über ein regelmäßiges Live-Poker-Angebot noch über erfahrenes Personal verfügt, wurden alle CNP-Partien außerhalb der Casinoräume in Konferenzräumen des Hotels unter der Aufsicht des CNP-Teams durchgeführt.

Das Festival als solches war jedoch kein großer Erfolg. Die Buy-Ins sind verhältnismäßig teuer für Kolumbianer und einige wichtige lokale Veranstalter kehrten der Veranstaltung den Rücken. Andere versuchten sie zu boykottieren oder beteiligten sich zumindest nicht an der Werbung. Dieser Protektionismus ist an sich schade aber verständlich, denn niemand teilt wohl gerne Marktanteile mit einem Newcomer in der Stadt.

Die Durchführung, die Koordination und das Management der Veranstaltung waren dennoch gut. Die Stimmung war super und das CNP-Streaming des letzten Tages war das erste mit sichtbaren Karten in Kolumbien überhaupt. Niemand im ganzen Land hatte jemals so viele Mittel für ein Live-Pokerevent eingesetzt, was eine große Aufmerksamkeit der Medien und der Spieler zur Folge hatte. Der Stream und die mitgelieferte Foto- und Videodokumentation zeigen, was in Zukunft tatsächlich zu einem kolumbianischen Live-Poker-Standard werden könnte.

Jaime Sanchez ist sich darüber im Klaren, dass es nicht einfach wird, aber er will auf keinen Fall als Pokerkriegsherr ankommen, der die bestehende lokale Szene aufmischen will. Das Gegenteil ist der Fall. Er pocht darauf, dass die Tür für jeden lokalen Partner offen ist, der sich der neuen CLP-Karawane anschließen möchte. Tatsächlich hat Jaime neben seinem eigenen Team (Head Floors, Streaming-Team, Promo-Crew), dem ich als PokerFirma-Korrespondent angehörte, auch die Unterstützung lokaler Promoter, Dealer und Assistant Floors in Anspruch genommen. Das Feedback der Spieler war in der Regel großartig und am Ende der Veranstaltung schienen alle mehr zu wollen. Am meisten wurden die Strukturen der Turniere gepriesen, die in der Regel recht besser waren als das, was im Moment in Kolumbien angeboten wird. Für Kolumbien werden bereits neue Pläne geschmiedet: ein Cash-Game-Festival in Zusammenarbeit mit dem New York Casino in Bogota und Projekte, und es gibt Ambitionen die CLP-Turnierserie nach Medellin und Cartagena zu bringen. Darüber hinaus sind Festivals in anderen lateinamerikanischen Ländern wie Chile, Peru, Panama und der Dominikanischen Republik in Vorbereitung.


Veränderungen für die kolumbianische Pokerszene

CNP hat nicht vor, das Pokern in Kolumbien zu revolutionieren. Man zielt lediglich darauf ab, einen Platz in diesem Markt zu finden, nicht unbedingt, ihn zu dominieren. Bei den CNP-Turnieren gibt es normalerweise keine Garantie. Der Mehrwert besteht darin, freundliche Gemeinschaften von gleichgesinnten Spielern zu schaffen, die das Spiel respektieren und es genießen, in einer angenehmen Umgebung und, wenn möglich, abseits des Glücksspiels in Casinos gegeneinander anzutreten. Eine weitere Zutat ist das Anbieten der bestmöglichen Strukturen und eine professionelle Medienpräsenz, um dies zu dokumentieren. Das CNP-Motto „De jugadores para jugadores“ („Von Spielern für Spieler“) bringt es auf den Punkt.

Cash Games: Omaha, was denn sonst?

Man sagte mir, PLO sei in Kolumbien der Renner, aber ich hatte keine Ahnung in welchen Ausmaßen. Während dem CLP-Festival fanden jeden Tag Cash Games statt, aber es gab viele Tage ohne NL Hold’em-Partien. PLO dagegen gab’s jeden Tag. 1/3, 2/5 oder 5/10. Ich habe PLO Dealer’s Choice gespielt, das tägliche Brot, mit weniger als zehn Händen PLO4 in mehr als zehn Stunden. Ich fand schnell heraus, dass ich nicht viele neue Freunde finden würde, wenn ich zu oft die 4-Karten-Variante wählen würde, also spielten wir fast nur PLO5- oder PLO6-Formate … mit Straddles, Mississippi-Straddle und Double-Board-Bomb-Pots. Das ganze Programm!

Ich habe mich an den Tischen gut geschlagen und natürlich viel geswingt für ein wenig Profit am Ende der Woche, aber der gewinnbringendste Aspekt war vielleicht ein Sicherheitstipp von Christian, einem lokalen PLO-Shark, den ich zufällig in einem großen PLO6-Setup für je 250bb geschlagen habe. Am nächsten Tag diskutierten wir über Hände und ich erzählte ihm von meinen Plänen, das Barrio Los Puentes zu besuchen, ein Viertel, in dem die Bewohner ihre Häuser in leuchtenden Farben streichen. Ich hatte es eines Morgens mit meinem 400-mm-Objektiv vom Balkon meines Hotelzimmers im obersten Stockwerk aus gesehen, als ich den Sonnenaufgang über Bogota fotografierte. Sein Gesicht veränderte sich und er sagte mir sehr ernsthaft, ich solle das nicht tun. Von einer Person, die einen durchschnittlichen kolumbianischen Monatslohn in einer einzigen Hand an mich verloren hatte, dachte ich, dass seine Absichten wahrscheinlich nett und ehrlich waren. Wenn er vorgehabt hätte, mir in irgendeiner Weise zu schaden, etwa aus Rache, hätte er mich vielleicht in einer der ärmsten Gegenden der Stadt gehen lassen und gehofft, dass ich ausgeraubt würde 🙂 Später wurde mir von einem anderen Einheimischen gesagt, ich solle diese Zone mit meiner Kamera auslassen. Das tat ich dann auch. Wie sich herausstellte, sieht die Gegend aus der Ferne wunderschön aus, ist aber in Wirklichkeit eine ziemlich raue und ärmliche Zone, in der ich ohne einen erfahrenen Führer wahrscheinlich Probleme gehabt hätte. Das streichen der Häuser ist ein Versuch der Bewohner, den Viertel freundlicher wirken zu lassen und verdient alleine deswegen ein wenig Aufmerksamkeit. Vielleicht beim nächsten Mal. In der Zwischenzeit habe ich die Balkonaufnahme aus etwa 10km.

Furcht ist nicht der Weg nach Kolumbien

Jawohl, dies ist ein langer Artikel. Ich bin mir dessen bewusst und weiß, dass einige unserer PokerFirma-Follower nicht so gerne lesen. Es war aber mein allererstes Mal in Kolumbien und ich habe so viele neue Eindrücke gewonnen, dass ich nicht weiß, wie ich etwas Kurzes über einen so unglaublichen Ort schreiben könnte. Außerdem habe ich eine Menge nicht super schlaue Reaktionen oder Witze in Nachrichten und persönlichen Kommentaren über das ‚Pokern mit Drogenbaronen‘ und das ‚Raisen der Chicanos‘ erhalten. Sie sind keine Narcos oder Gangmitglieder. Es geht darum, wie sie aussehen. Das nennt man Genetik. Einige Köpfe sind offensichtlich durch die Medien und die Gringo-Filmindustrie im Laufe der Jahrzehnte ein wenig verzerrt worden. Dieser Poker-Reisebericht enthält Tipps zu Mobilität, Kultur, Wetter oder Sicherheit, soll aber auch einen bescheidenen Beitrag zur Wiederherstellung des Rufs Kolumbiens leisten.

Jedes Mal, wenn ich reise, passiert etwas Erstaunliches mit mir: Ich werde zutiefst und wirklich unschuldig neugierig, ein Gefühl, an das ich mich nur vage aus meiner Kindheit erinnere. Kolumbien ist die Art von Land, die diese Neugierde sehr gut nährt.

Bogota ist der allererste Ort, den ich in ganz Südamerika besucht habe. Als Hauptstadt eines Landes, das seit Jahrzehnten von Gewalt geplagt wird, ist die 8- bis 10-Millionen-Megastadt in den Bergen rau und chaotisch und erfordert eine gewisse Gewöhnungszeit. Vor allem der Verkehr ist schlecht. Eigentlich ist der Verkehr sehr schlecht, außer Kontrolle geraten. Überraschenderweise gibt es in Bogota keine U-Bahn, so dass die Straßen die einzige Möglichkeit sind, die Millionen von Menschen, die täglich pendeln, zu befördern. Die Busse von TransMilenio  und Urbano fahren nicht einmal so schlecht auf ihren eigenen Fahrspuren. Es ist die gesamte Straßen- und Stadtinfrastruktur der Stadt selbst, die dem immensen Verkehrsaufkommen nicht gewachsen zu sein scheint. Metro-Pläne sind in Arbeit, aber wir sind wahrscheinlich noch mindestens einem Jahrzehnt von ihrer Umsetzung entfernt. Mitfahr-Apps funktionieren gut (wenn auch illegal, wie mir gesagt wurde), und Taxis sind eine weit verbreitete und billige Möglichkeit, sich in ganz Bogota fortzubewegen. Aber das sind keine magischen Fahrzeuge, und egal, wofür man sich entscheidet, man wird mit dem Verkehr zu kämpfen haben. Geduld ist der Schlüssel – das haben wir beim Pokern gelernt.

Da ich viel Zeit abseits der klassischen Touristen- und Pokerrouten in abgelegenen Gegenden im Fernen Osten Europas und in Nordafrika verbracht habe, bin ich an raue Straßen gewöhnt, aber ich hätte erwartet, dass die Latinos sanfter sind. Das sind sie aber nicht. Die Merengue- und Bachata-Musik ist fröhlicher, aber die allgemeine Atmosphäre ist angespannt. Armut und Arbeitslosigkeit sind offensichtliche Probleme, und die Anwesenheit von schwer bewaffneter Polizei und Militär in den Straßen erhöht meiner Meinung nach den Stresspegel. Mich persönlich beruhigt der Anblick von Menschen, die in der Öffentlichkeit offen Kriegswaffen tragen, nicht. Ganz gleich, welches Abzeichen oder welche Flagge sie an ihrer Uniform tragen. Dank Iliana, meiner Assistentinn vor Ort, die damit angefangen hat, mir Monserrate zu zeigen, fing der Charme Bogotas jedoch schnell an zu wirken. Alles im Leben ist eine Frage der Perspektive, und die Erleuchtung kam mir an dieser Zufluchtsstätte, die die ganze Stadt auf über 3100 m Höhe überblickt, wobei die Stadt 500 m tiefer auf einem riesigen Plateau inmitten der Anden liegt. Ich hatte zwar keine Vision der Heiligen Schwarzen Jungfrau von Monserrate oder ähnliches, aber mir wurde klar, was für eine erstaunliche Reise das werden sollte. Ich muss gestehen, dass ich meine Reise sehr schlecht vorbereitet habe. Ich bin verwöhnt. Ich reise ununterbrochen. Überall hin. Ich nehme es als selbstverständlich hin. Das sollte ich nicht. Jeder neue Ort verdient einen angemessenen Anteil an Vorbereitung und Recherche. Ich hatte meine Hausaufgaben nicht gemacht, bevor ich nach Kolumbien kam.

Das ist ein weiterer Grund, warum ich mich entschlossen habe, diesen Bericht zu einem so langen und ausführlichen Stück Reisedokumentation zu machen – damit die, die es ganz lesen, nicht denselben dummen Fehler machen und unvorbereitet an diesen Ort voller kultureller Magie und liebevoller Menschen kommen. Man muss nur an der richtigen Stelle anfangen, an der Oberfläche zu kratzen. Die grünen Hügel, die zahlreichen Gärten, die malerischen Kopfsteinpflasterstraßen, die verblüffenden Museen, die blühende Straßenkunst und das Aufeinandertreffen von kolonialer Architektur und modernem Design im Zusammenleben mit den nahe gelegenen Slums und den Arbeitervierteln rund um das Zentrum – all das zusammen ergibt den einzigartigen Cocktail aus Gerüchen, Geräuschen und Gefühlen, die Bogota bei seinen Besuchern auslöst.

Man sollte nicht alles glauben, was man denkt

Mit Millionen von Menschen, die auf der Hochebene von Bogota leben, gibt es viele Aspekte, die bei einem Spaziergang zu berücksichtigen sind. Das ganze Land durchläuft einen komplizierten Prozess der Wiederherstellung seines Rufs und seiner touristischen Glaubwürdigkeit. Mein Spanisch ist ziemlich schlecht, aber gut genug, um mich mit Fremden auf der Straße oder in Geschäften unterhalten zu können. Sie waren sich alle einig in der Essenz ihrer Botschaft: „Bienvenido a Colombia! Wir sind froh, dass du uns besuchst.“

Mir wurde gesagt, dass die Situation heute viel besser ist als noch vor zwei  Jahren oder gar einem Jahrzehnt und dass die von Drogenkriminellen verursachte Gewalt nicht so leicht rückgängig zu machen ist. Ist Bogota nun sicher? Meine kurze Antwort lautet „Ja“. Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt in Gefahr gefühlt. Natürlich wurde ich gelegentlich beobachtet und erregte aufgrund meines Aussehens oder meiner Fotoshootings etwas Aufmerksamkeit, aber ich fühlte mich nie bedroht. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass mir in meiner Reise- und Reportagekarriere zweimal meine Fototasche gestohlen wurde, einmal in Brüssel und einmal in Vegas, zweimal in der guten alten westlichen Welt. Genug gesagt, aber ich versuche auch nicht, Kolumbien als den Himmel auf Erden zu verkaufen.

Folgen deinem Herzen, aber nimm den Verstand mit

Grundregeln eines gesunden Menschenverstands gelten hier wie überall. Wir, die Gringos (wie die Einheimischen die reichen Weißen aus der westlichen kapitalistischen Welt nennen), sind die reichsten Menschen auf diesem Planeten. Jeder weiß das, und einige von uns sind sich nicht einmal bewusst, wie sehr wir damit angeben, indem wir einfach wir selbst sind, aber mit ein paar Grundregeln sollten die Dinge ziemlich glatt laufen. Das allerteuerste italienische Markenhemd muss nicht unbedingt mit, wenn man auf Erkundungstour geht, und man kann es einfach vermeiden, auf der Straße Schmuck zu tragen oder das 1000-Euro-Handy achtlos herauszuholen.

Außerdem ist es sinnvoll, sich nicht zu weit von bekannten Touristenorten zu entfernen, wenn man sich Sorgen macht. In allen Städten auf unserem Planeten gibt es Bereiche, die man besser meidet. Diese Gegenden liegen überraschend nahe am Touristen- und Geschäftszentrum von Bogota, und man wird überrascht sein, was man manchmal auf der anderen Seite einer Straßenecke oder hinter einem schicken Gebäude finden wird. Hier leben sehr reiche und sehr arme Menschen eng beieinander, wobei der eine den anderen auf seine Weise be-und ausnutzt.

Man hat mir auch die klassischen Ratschläge gegeben, nachts nicht allein in dunklen, abgelegenen Gegenden zu gehen und bei größeren Entfernungen generell Taxis dem Gehen vorzuziehen, um die Wohlstandsunterschiede zu vermeiden, die von einer Straße oder einem Häuserblock zum anderen bestehen können. Das Tragen des Rucksacks auf der Vorderseite und das Vermeiden offener Taschen mit Wertsachen sind weitere klassische Reisehinweise, die jedoch nicht spezifisch für Kolumbien sind. Das Kidnapping von Weißen gibt es fast überhaupt nicht mehr. Zumindest nicht in den Großstädten.

Ich verfolge eine einfache Regel für mich. Ich stoppe fast nicht. Erstens macht es das unehrlichen Leuten schwerer, mit mir mitzuhalten. Zweitens ist es einfacher, Leute, die mich beobachten oder mir folgen, schneller zu erkennen, als wenn ich beobachtet werde, während ich mit auf dem Tisch verstreuten Wertdachen an einer Terrasse chille.

All diese Vorschläge sind gut, um im Grunde überall hin zu reisen, aber wir befinden uns hier in einer klassischen „Tu, was ich sage, nicht was ich tue“-Situation. Ich bin zu verschiedenen Zeiten mehr als 30 km allein, teilweise mit einer teuren Kamera, in verschiedenen Gegenden Bogotas gelaufen – weil ich die Fotos wollte. Und da es schwierig ist, die allgemeine Poker-Bevölkerung zu motivieren, 1) mehr als 100m zu laufen und 2) die komfortable WiFi-Zone des Hotels zu verlassen, habe ich das meiste davon allein gemacht. Sagt es nur bitte nicht meiner Mutti 🙂

Was ich in Bogota zu tun empfehle

Ich glaube nicht, dass ich den meisten Reiseführern, die man online findet, viel hinzuzufügen habe. Bogota mag zwar riesig sein, aber es hat ein fußgängerfreundliches Stadtzentrum mit vielen Orten und kleinen Straßen, die man in einem Umkreis von 30 Minuten zu Fuß erkunden kann.

Die ersten beiden Tage waren ganz ok, aber das Wetter war während meines gesamten Aufenthalts sehr schlecht, so dass es nicht möglich war, jeden Tag zu Fuß unterwegs zu sein. Glücklicherweise habe ich drei Tage vor meiner Abreise einen majestätischen Wetter-One-Outer gehittet, der es mir ermöglichte, den ganzen Samstag damit zu verbringen, durch Bogota zu schlendern, insgesamt 16 km zu Fuß zurückzulegen, was zu einer meiner tollsten Straßenfotografie-Serie führte.

Einer der Orte, der mich am meisten beeindruckt hat, ist das Museo del Oro (Goldmuseum). Normalerweise verbringe ich meine Zeit lieber draußen, aber dank des vielen Regens habe ich es ausprobiert, und es stellte sich heraus, dass es vielleicht das beste Museum ist, in dem ich je gewesen bin. Zehntausende von prähispanischen Goldgegenständen zeigen die frühe Kultur Kolumbiens in einer sorgfältig organisierten Szenografie für einen Eintrittspreis von 4000 COP (weniger als 1 Eur).

Eine weitere Besonderheit Bogotas ist die Tatsache, dass es hier eine sehr aktive Graffiti- und Straßenkunstszene gibt. Es gibt kaum eine Wand, ein Gebäude, einen Tunnel oder eine Brücke, die nicht mit Sprühdosenlack verziert ist, wohin man auch schaut. Es gibt spezielle Führungen, wenn man sich eingehender mit dem Thema befassen will oder wenn man bereits ein Kenner ist, aber es ist auch einfach, die Kunstwerke auf eigene Faust zu genießen, da sie praktisch überall zu finden sind.

Wie bereits eingangs erwähnt, sollte man in Bogota nur eine Sache machen: den Monserrate besteigen, um den besten Blick auf die Stadt zu haben. Es gibt auch Seilbahnen und Standseilbahnen, wenn der 500 Meter Höhenunterschied abschrecken sollte, aber trotzdem ist es ein Muss meiner Meinung nach.

„La Candelaria“ bietet ebenfalls viele bunte Häuser neben gepflasterten Straßen, Bars und modernen Gebäuden. Es liegt ganz in der Nähe des Zentrums und ist viel schicker und sicherer als Los Puentes, mit einigen der kolonialen Gebäude der Innenstadt und dem „Chorro de Quevedo“, dem Ausgangspunkt des modernen hispanischen Bogotas, einem Brunnen, der den angeblichen Ort markiert, an dem der Konquistador Gonzalo Jimenez de Quesada 1538 die ersten Fundamente der Stadt legte.

Die „Plaza de Bolivar“ ist wahrscheinlich das Schlimmste, was Bogota in Sachen Massentourismus zu bieten hat, mit Heliumballons und Hotdogs, die an allen Ecken und Enden verkauft werden, aber der Platz ist trotzdem unglaublich und zumindest einen Besuch wert. Wenn man schon mal da ist, kann man auch gleich 10 Minuten die Straße hinunter laufen und den Palacio Nariño besuchen, den offiziellen Wohn- und Arbeitsplatz des kolumbianischen Präsidenten. Auch sehr schön … und sehr repräsentativ für die krassen sozialen Ungleichheiten. Einige Straßen weiter, leben Leute auf dem Bürgersteig.

Die Plaza de Bolivar ist der Hauptplatz Bogotas mit der wichtigsten Kathedrale der Stadt, dem Kapitol und dem „Palacio de Justicia“, dem neuesten Gebäude auf dem Platz, das wieder aufgebaut wurde, nachdem kolumbianische Streitkräfte und die Polizei es Anfang November 1985 bei einem Angriff auf die M-19-Guerillagruppe gestürmt und zerstört hatten. Diese hatten das Gebäude besetzt und hatten den Obersten Gerichtshof Kolumbiens als Geisel genommen, um einen Prozess gegen Präsident Betancur abzuhalten, mit der Absicht, die Regierung zu zwingen, einen Auslieferungsvertrag mit den Vereinigten Staaten auszuschließen. Um die 100 Leute verloren ihr Leben in dramatischen Umständen, darunter die meisten Terroristen, 12 Magistrate und zahlreiche kollaterale Opfer. Die Bogota Post veröffentlichte 2015 in einem Artikel zum 30-jährigen Gedenken eine Reihe dramatischer Fotos von diesem Ereignis.


Essen, Trinken und Unterhaltung

Vegetarisch oder vegan in Kolumbien leben, ist wie der Short Stack am Pokertisch zu sein: Es ist möglich zu überleben, aber man muss sehr wählerisch sein, was die Spots angeht. Im Allgemeinen sind Märkte und Straßenkarren eine gute Möglichkeit, lokale Lebensmittel zu probieren. Ich habe natürlich viel Obst und Gemüse gegessen, aber die Restaurants, in denen wir waren, waren großartig … aber besonders für Fleischesser.

Obst und Gemüse wächst allerdings meist lokal und natürlich. Man merkt es klar am Geschmack, an der Größe und Reife der Produkte. Ich habe in Kolumbien die größten und leckersten Avokados und Papayas meines Lebens gegessen. Sie wachsen in tropischen Regenwald-Zonen in den Anden und sind leider Schuld daran, dass eine Menge Wald abgeholzt wird. Der Nachgeschmack ist also nicht so gut.

Leitungswasser ist sehr schlecht. Wahrscheinlich nicht wirklich gefährlich, aber mit sehr starkem Chlorgeschmack. Das verdirbt einem manchmal den Genuss beim Kaffee oder Tee und man kann es klar bei gewaschenem rohem Obst und Gemüse schmecken.

Natürlich gibt es in Bogota auch luxuriöse Einkaufsmöglichkeiten und ein aufregendes Nachtleben in einigen hochklassigen Ghettos, in denen sich die Reichen und Schönen (meist Expats und Touristen) zusammenfinden, um das oberflächliche Ding der Weißen zu tun: überteuertes Essen und Getränke von Franchises zu konsumieren, die es auf dem ganzen Planeten gibt, während man modische Kleidung trägt. Eine dieser Gegenden ist die „Zona Rosa“. Ich war einmal mit ein paar Pokerspielern unterwegs und wir hatten viel Spaß im Clandestino Club, der alles ist, außer was der Name verspricht. Es ist im Grunde die exquisite Edel-Dachdisco des Luckia Casinos. Der Abend war schön,  der Nachteil aber ist, dass ich dort nur sehr wenige Kolumbianer getroffen habe.

Es scheint sehr offensichtlich, aber in Kolumbien sollte man Kaffee trinken. Ich habe in Bogota einiges über Kaffee gelernt, vor allem, dass wir ihn so verderben, wie wir ihn im Westen trinken. Die Milch, die Schokolade und alle möglichen süßen industriellen Zusätze, an die wir uns alle gewöhnt haben, machen im Sinne des traditionellen Kaffees keinen Sinn. Es genügt, ihn nicht zu überbrühen und einfache Zutaten wie Zimt hinzuzufügen. „Tinto“, der billige Straßenkaffee, ist allgegenwärtig, aber es gibt auch viele engagierte Coffeeshops, die einen delikaten Kaffee höchster Qualität servieren.

Eine zusätzliche Aktivität, die ich wirklich genossen habe, war ein Spaziergang durch die zahlreichen Gärten von Bogota. Da es das ganze Jahr über viel regnet, ist die Vegetation in den Parks und botanischen Gärten meist unglaublich üppig, und sie bieten eine friedliche Alternative zu den belebten Straßen.

Ein letzter Punkt, mit dem ich nicht gerechnet hatte, um auf das Wetter zurück zu kommen (ich war ja nicht so gut vorbereitet), ist die Höhe. Wir sprechen hier von Höhen, die die meisten Alpenregionen übertreffen, und dort oben ist es oft sehr kalt, so dass es ratsam ist, entsprechend zu packen.

Alles in allem war der Besuch in Kolumbien eine sehr aufregende Erfahrung, und ich wüsste nicht, warum ich nicht wieder dorthin reisen sollte, wenn sich mir eine weitere Gelegenheit bietet. Falls noch jemand eine Reise zu einem der nächsten Circuito Latino de Poker-Stopps in Erwägung zieht, gebe ich gerne Tipps und persönliche Erfahrungen weiter. Außerdem können Leser jederzeit meinen Poker- und Reiseblog, WWW.THE-ROUNDER.NET für weitere Pokertrips-Inhalte besuchen.

Alle Kolumbien Fotos sind im #allineverywhere Fotoarchiv online (https://www.flickr.com/photos/81966525@N04/albums/72177720302777272).

 


Artikel präsentiert von Damian Nigro/The-rounder.net


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