Kolumnen

Wir brauchen Pokercasinos!

Und zwar mit vernünftigen Regulierungen. Länderübergreifend und sinnvoll. Ja, die Rede ist von Deutschland und Österreich, wo Poker nach wie vor von den Behörden stiefmütterlich behandelt wird und nur die „Randerscheinung“ ist.

In Deutschland arbeitet man gerade an der Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages. Mit den Lizenzen für Online-Poker hat man generell etwas Gutes geschaffen, denn dadurch gibt es nicht nur Steuern für den Fiskus, sondern auch Rechtssicherheit für die Spieler (allerdings keine steuerrechtliche). Alles ist quasi reguliert, es gibt eine eigene Glücksspielbehörde der Länder und mit der Sperrdatei „Oasis“ soll auch der Spielerschutz verbessert werden. Soweit, so gut, aber eigentlich ist es nur eine Alibi-Handlung, denn aktiver Spielerschutz sieht sowieso anders aus. Und Poker? Tja. wenn ein Casino Platz und Personal – und Interesse hat, dann gerne. Aber nicht zuviel. Nur wenige Spielbanken begrüßen die Pokerspieler mit offenen Armen  und vor allem auch mit leistbaren Buy-Ins und adäquater Rake.  Hunderte Kilometer für ein feines Turnier fahren ist in Deutschland an der Tagesordnung und damit ist es auch kein Wunder, dass man dann gerne ins Ausland abwandert. Wo ohnehin andere Spielerschutzkriterien gelten. Und zumeist die Spieler herzlichst begrüßt werden.

In Österreich sah die Pokerwelt bis 2019 an einem Freitag so aus: In Wien gab es das Montesino, die CCCs Simmering und Lugner City und das Bond Casino, zudem auch noch das Casino Wien  und vor den Toren Wiens das Casino Baden. Österreichweit wurde in den Casinos Austria (oft mit höheren Einsätzen) und den privaten Cardrooms (mit kleineren Einsätzen) gepokert. Es wurde tatsächlich überall gespielt. Die Regierung hat mit der letzten großen Änderung im Glücksspielgesetz Poker außerhalb der Casinos quasi verboten und damit den Nährboden für die Hinterzimmerpartien und die Abwanderung ins Ausland perfekt vorbereitet. Von der ursprünglich geplanten Pokerlizenz redet man genauso wenig wie von der Glücksspielbehörde, die auch in Österreich eine sinnvolle Neuordnung bringen sollte. Stattdessen klopft man sich im Bericht des Finanzministeriums noch auf die Schulter und stuft „täglich etwa 20 bis 30 illegale Pokerrunden in Wien in Hinterzimmern, Kellern von Lokalen oder in angemieteten Appartements“ als „Illegales Glückspielangebot österreichweit weitgehend unterbunden“ ein. Das im November wiedereröffnete „Bond“ hat man nun doch auch wieder behördlich geschlossen. Ist ja auch viel besser im Hinterzimmer zu spielen, als in einem öffentlich zugänglichen Lokal. (Ironie off).

In der Schweiz hat man jahrelang am Geldspielgesetz gearbeitet. Den Stein des Weisen hat man auch hier nicht gefunden, aber man hat eine Basis geschaffen, damit die Pokerspieler auch außerhalb der Casinos spielen können und man beginnt sich zu arrangieren.

Überall ist von „Spielsuchtprävention“die Rede. Es wird immer großartig über den Spielerschutz diskutiert und pseudohalber auch versucht, diesem nachzukommen. Natürlich bemühen sich viele Casinos, offensichtlich gefährdete Personen zu schützen. Aber pseudohalber deswegen, weil kein Unternehmen, das Umsatz machen will, Kunden wissentlich wegschickt. Das ist, wie wenn Zalando bei der dritten Bestellung mal die Kreditwürdigkeit eines Kunden überprüfen müsste, bevor man die Order annimmt. Richtiger Spielerschutz muss von eigenen, von Glücksspielunternehmen unabhängigen Institutionen aufgesetzt und überprüft werden. Und darf keine Ländergrenzen kennen. Es ist kein Spielerschutz, wenn ein Spieler, der vor zehn Jahren vielleicht arbeitslos war, nicht in ein Casino darf, obwohl er mittlerweile einen gut situierten Job hat. Es ist kein Spielerschutz, wenn der Manager eines guten Unternehmens zwar tausende Euro jeden Monat verdient, aber die Kreditbelastung für sein Luxusleben genauso hoch ist und eigentlich kein Geld zum Spielen da ist. Es ist kein Spielerschutz, wenn ich an jeder Ecke Lottoscheine, Rubbel- und Brieflose für hunderte von Euros kaufen kann. Es ist kein Spielerschutz, wenn ich an jeder Ecke auf meine Lieblingsmannschaft wetten kann. Und vor allem ist es kein Spielerschutz, wenn es so gut wie keine legale Alternative gibt. So wie bei den Pokerspielern. Die muss man offenbar ganz besonders schützen. Vor sich selbst und überhaupt. Auf keinen Fall darf es ein legales Angebot geben, damit man an den Pokertischen Abwechslung unter regulierten Verhältnissen findet. Liebe Regierungen, liebe Gesetzgeber, liebe Parteien – wir Pokerspieler sind genauso mündige Wähler wie alle anderen. Gebt uns doch die Chance, unserem Hobby nachzugehen.

Spielerschutz heißt, Regelungen zu finden, die europaweit als Richtlinien gelten, Länderbehörden, die miteinander kommunizieren und gemeinsam an dem Problem arbeiten. Die EU mischt sich doch so gerne überall ein. Es ist längst überfällig, dass Mindestkriterien europaweit aufgestellt und dann auch entsprechend umgesetzt werden.

Ich rede hier nicht von „man muss alles kontrollieren“. Man muss dynamische Regelungen finden, die effektiver sind als „maximal XX Euro darf ich im Monat ausgeben“. Und im Fall von Poker muss endlich ein legales Angebot geschaffen werden, denn nur so kann man auch guten Spielerschutz betreiben. Es wird immer Hinterzimmerpartien geben. Aber wenn 100.000 Spieler die Wahl zwischen einem guten, nahegelegenen legalen Angebot und der Hinterzimmerpartie haben, dann bin ich überzeugt, dass sich 99.000 für die legale Variante entscheiden werden. Entkriminalisierung der Spieler und Veranstalter, Arbeitsplätze und Steuern. Und zufriedene Pokerspieler.


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