Kolumnen

Wieso? Weshalb? Warum?

Warum bezahlt der Typ eigentlich auf dem Turn noch? Und wieso passiert das immer mir? Ein-Outer in Riesenpots sollten verboten werden. Und warum treffe ich die eigentlich nie? Fragen über Fragen. Die letzte lässt sich allerdings ganz gut beantworten. Ich treffe viel seltener Ein-Outer, weil ich natürlich (als guter Spieler) viel seltener in die Situation komme, dass ICH treffen muss.
Aus dem gleichen Grund bekomme ich auch öfter Bad Beats serviert. Klar. Wenn man immer als Favorit antritt …Wieso? Weshalb? Warum?
Als alter Sesamstraßen-Fan ist man mit diesem Triumvirat der Fragestellung natürlich vertraut. Aber wieso sollte das für Poker relevant sein? Warum spielen wir Poker? Die Antworten auf diese Frage können sehr divers ausfallen. Für jeden Pokerspieler sind die Gründe und ihre Gewichtung ein bisschen anders. Sicher, alle behaupten immer, sie wollten ihren Profit maximieren. Aber was heißt das genau? Monetärer Profit ist ja nur ein Teil vom Gesamtnutzen. Manche Leute pokern wegen der Aufregung, des Adrenalins. Manche pokern zum Zeitvertreib, andere als Job, mit dem sie ihren Lebensunterhalt verdienen, wieder andere aus purer Faszination mit dem Spiel. Und bei den meisten ist es wohl eine Mischung aus mehreren Gründen.
Wenn man weiß, warum der Gegner pokert, kann man wesentlich effektiver gegen ihn spielen, da man seine Beweggründe für alle Aktionen kennt. Auch während des Spiels ist die Warum-Frage ein gutes Instrument, um effektiver zu spielen. Warum raise ich meine Hand? Alleine nur, weil ich AKo in später Position halte, genügt mir nicht als Antwort. Das Raise mag automatisch sein, aber die Gründe sind wohlüberlegt.
Pokertheoretiker-Gott Sklansky gibt sieben Gründe für ein Raise an:
• To get more money in the pot when a player has the best hand: If a player has the best hand, raising for value enables him to win a bigger pot.
• To drive out opponents when a player has the best hand: If a player has a made hand, raising may protect his hand by driving out opponents with drawing hands who may otherwise improve to a better hand.
• To bluff or semi-bluff: If a player raises with an inferior or drawing hand, the player may induce a better hand to fold. In the case of semi-bluff, if the player is called, he still has a chance to improve to a better hand (and also win a larger pot).
• To get a free card: If a player raises with a drawing hand, his opponent may check to him on the next betting round, giving him a chance to get a free card to improve his hand.
• To gain information: If a player raises with an uncertain hand, he gains information about the strength of his opponent’s hand if he is called. Players may use an opening bet on a later betting round (probe or continuation bets) to gain information by being called or raised (or may win the pot immediately).
• To drive out worse hands when a player’s own hand may be second best: Sometimes, if a player raises with the second best hand with cards to come, raising to drive out opponents with worse hands (but who might improve) may increase the expected value of his hand by giving him a higher probability of winning in the event his hand improves.
• To drive out better hands when a come hand bets: If an opponent with an apparent come hand (drawing hand) bets before a player, if the player raises, opponents behind him who may have a better hand may fold rather than call a bet and raise. This is a form of isolation play.
Ein Raise kann also viele Gründe haben – je nach Situation. Meinen Schülern stelle ich immer wieder die Warum-Frage. Warum erhöhst du hier? Was willst du bezwecken? Warum ist ein Check besser/schlechter? Warum ist die Situation für einen Resteal perfekt? Und so weiter. Aber die Frage nach den Gründen bezieht sich nicht nur auf das eigene Spiel, die eigenen Aktionen. Sobald man die Warum-Fragen für seine Gegner beantworten kann, hat man sie in der Tasche. Die Gegner und bald auch die Millionen.
Warum raist der Gegner hier? Warum raist er so wenig? Wenn ich den Grund kenne, kann ich meinen Gegner enttäuschen, indem ich genau das Gegenteil von dem mache, was er von mir will. Will er, dass ich seine Value-bet calle, so folde ich. Will er, dass ich auf sein Bluff-Raise hin wegwerfe, so calle ich. Will er durch sein Raise Informationen bekommen, so gebe ich ihm die falschen.
Wenn ich weiß, warum meine Gegner so spielen, wie sie spielen, dann bin ich in ihren Köpfen drin. Und dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis ihr Geld in meinen Taschen klimpert. Das ist einer der Gründe, warum ich Poker spiele.
Der Spieler, der die Warum-Fragen besser beantwortet, wird beim Poker gewinnen. Derjenige aber, der die Warum-Fragen des Lebens beantworten kann, schicke bitte eine Mail an [email protected] und lasse es mich wissen.


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