Kolumnen

Die neuen Glücksspiel-Gesetze oder Die Rückkehr zur Prohibition

Stolz präsentiert der Mensch täglich seine Weiterentwicklung. Doch auf dem Glücksspielsektor heißt es bald „Zurück in die Prohibition“ – natürlich nur zum Wohle des Spielers. Ironie aus.

Es sind schwierige Zeiten und – ohne auf die Politik einzugehen – statt europäischer Zusammenarbeit und Globalisierung setzt man auf Kontrolle und staatliche Abgrenzung. Flüchtlingsströme und Corona haben schon das ihrige dazu beigetragen, dass von der Europäischen Union nur Fragmente übriggeblieben sind. Von Gemeinsamkeit und Einigkeit ist nicht zu bemerken. Der Glücksspielmarkt ist zu einem bunten Flickenteppich verkommen und nach der Isolation der Schweiz scheinen nun auch Deutschland und Österreich zu folgen. Was in den USA vor 100 Jahren schon bei Alkohol und Drogen gescheitert ist, versucht man nun mit aller Gewalt beim Glücksspiel durchsetzen zu wollen – alles unter dem Deckmantel des Spielerschutzes.

War die Glücksspiellobby lange Zeit stark genug, so scheint man nun angeschlagen in den Seilen zu hängen, denn noch nie wurde so tatenlos zugesehen, wie unbeholfen alteingesessene Platzhirsche auf ein unantastbares Podest gestellt werden. Die Schweiz lassen wir hier außen vor, denn deren Geldspielgesetz ist nach knapp zehn Jahren Beratung und Entwicklung zu den fast schlechtesten Konditionen in Kraft getreten. Einziger Lichtblick dabei war tatsächlich die Regulierung der Pokerclubs.

Der deutsche Glücksspielstaatsvertrag ist eine Zangengeburt seit seinem Entstehen. Dass Schleswig-Holstein jahrelang einen EU-konformen Sonderweg bestritt, konnte sich leider nicht auf die Entwicklung eines deutschlandweiten sinnvollen Glücksspielrechts auswirken. Zu viel Politik wird im Hintergrund betrieben, um die Taschen derjenigen zu füllen, die die aktuellen Regierungen für wertvoll halten. Und um von anderen Unannehmlichkeiten und spontan auftretender Amnesie gepaart mit dem dringenden Bedürfnis, auf ausreichend Sauerstoffzufuhr bei elektronischen Geräten zu achten, abzulenken, will Österreich nun in dieselbe Kerbe schlagen.

Es sind Unsummen, die im Glücksspiel umgesetzt werden. Lotto, Brieflose, Rubbellose, Sportwetten, Slots, Casino Games und dann natürlich auch Poker (als kleiner Rest). Kaum jemand, der seinen Lottoschein abgibt, macht sich Gedanken darüber, dass der Staat rund 50 % des Einsatzes kassiert. Woche für Woche werden so Millionen in die Staatskassa gespült. Genauso wenig kümmert es aber jemanden, wie viel Geld man wöchentlich und jährlich für Lotto und Lose ausgibt, solange man es persönlich macht. Kaum wird online gespielt, greifen die Einzahlungslimits und man muss sich oftmals grundlos erklären.

Exzessives Glücksspiel kann finanzielle Probleme verursachen und auch Existenzen zerstören. Aber auch jede andere Sucht verursacht Probleme. Alkohol ist noch immer eine Lösung und wird dank der Werbung auch als Belohnung für getane Arbeit idealisiert. An der Supermarktkasse wird aber nicht kontrolliert, ob der Käufer ein Alkoholproblem hat oder nicht. Genauso ist nicht jeder, der einen Lottoschein ausfüllt oder einmal 50 Euro in einen Automaten steckt, gleich hochgradig spielsüchtig. Spielsuchtprävention wird seit Jahren falsch betrieben, vor allem auch deshalb, weil der Anbieter wider seinem Bestreben, größtmöglichen Gewinn zu erzielen, den Spieler am Spielen hindern soll. Das Ergebnis – händeringendes Kopfschütteln in vielen Fällen, dass das ja nicht vorhersehbar war, dass ausgerechnet dieser Spieler ein Problem haben soll. Obwohl man ihn jahrelang geradezu hofiert hat, um noch mehr Geld zu setzen.

Genauso verlogen sind nun auch die Wege, die bei den neuen Glücksspielgesetzen eingeschlagen werden. Konkurrenz oder einen fairen, freien Wettbewerb will man nicht. Da diskutiert man lieber sinnlos über Netzsperren und wie man den Spieler kriminalisieren kann, als Regelungen zu finden, die Staat, Anbieter und Spieler gleichermaßen zufriedenstellen.

In Österreich sind da die Casinos Austria mit den Österreichischen Lotterien und win2day. Ein Monopol, an dem nicht gerüttelt werden darf. Sportwetten sind erlaubt, das kleine Glücksspiel (Automaten) in manchen Bundesländern separat geregelt, aber generell ist alles am Rennweg im dritten Wiener Gemeindebezirk konzentriert. Und das soll auch so bleiben. Bis zum letzten Jahr galt Österreich als Pokerparadies mit den privaten Cardrooms. 27 Jahre lange wurden diese bekämpft und in die Illegalität gedrängt, statt einen Weg zu suchen, der allen Genüge getan hätte. Es geht nicht darum, ob Peter Zanoni oder die Casinos Austria Recht haben. In 27 Jahren war es nicht möglich, ein Gesetz zu finden, das ein legales Pokerangebot ermöglicht hat. Die aufflammenden Bemühungen der Casinos Austria um die Pokerspieler haben mit Corona und dem Refit-Einsparungsprogramm ein jähes Ende gefunden. Wenn die Casinos wieder öffnen (Bregenz und Kleinwalsertal haben bereits geöffnet), geht es um Slots und Live-Game, aber nicht um Poker. Online fährt man dasselbe Programm mit win2day. Das Angebot ist gut, aber es gibt keine legale Alternative. Das wäre tatsächlich so, wenn alle ab sofort nur noch bei Billa einkaufen dürfen, alles andere ist illegal. Statt den Markt zu öffnen und Glücksspiellizenzen für Anbieter zu vergeben, will man das Monopol mit aller Macht schützen.

Der Grund, warum ich mit dem österreichischen Ist-Zustand begonnen habe, erklärt sich darin, dass die deutschen Bundesländer diesem Beispiel folgen wollen. Alles in der Hand der Casinos und der staatlichen Anbieter. Noch ist nichts fix, aber der Trend geht in diese Richtung. Denn schließlich müssen die Spieler ja geschützt werden und das geht nur wenn der Staat – oder ein Unternehmen seines Vertrauens – seine Hand darüber hält. Oder besser gesagt – unten aufhält, um ja möglichst viele Steuern einzunehmen.

Selbst in den USA kommt man langsam wieder zur Erkenntnis, dass Online-Gaming reguliert werden muss. Ein Verbot funktioniert nicht. Pane et circenses ist keine Erfindung der Neuzeit, denn schon im alten Ägypten und Rom wurde gezockt. Ja, es ist mühsam, sich Bestimmungen zu überlegen, die einem Wildwuchs entgegenwirken und den Spieler schützen. Aber Spieler sollen doch bitte wirklich geschützt werden. Wenn ein Multi-Millionär monatlich tausende Euros verspielen möchte, dann soll er das können und nicht ein mickriges Einzahlungslimit haben. Wer aber nur ein paar Euro im Monat übrig hat, die er bei einem Online-Game verspielen will, dann soll es ihm nicht möglich sein, die Kreditkarte bis zum letzten Cent auszureizen.

Der Markt reguliert sich selbst – wenn man es zulässt. Eine Diskussion über Netzsperren ist vollkommen überflüssig, wenn man den Anbietern die Chance gibt, legal zu agieren. Denn dann – und wirklich nur dann – ist auch aktive Spielsuchtprävention möglich.

Seit Corona erleben die Hinterzimmerpartien und illegalen Casinos einen Boom, natürlich auch die aktuell unregulierten Online-Casinos. So wie man es verabsäumt hat, die Live-Casinoszene gut zu regulieren, will man es nach rund 20 Jahren Online-Gaming auch hier so richtig vergeigen. Traurig, dass man sich nicht mit wirklichen Experten auseinandersetzt, sondern nur politische Hampelmänner in die richtigen Positionen bringt, um größtmöglichen Schaden in einem Wirtschaftszweig anzurichten. Kindern bringt man bei, sich möglichst vielschichtig zu bilden, um dann bestmögliche Entscheidungen zu treffen. Wäre schön, wenn die Politik zumindest einmal auch über den eigenen Geldbeutel hinausdenken würde.


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