Kolumnen

Die Rake zahlt immer der Verlierer

Als ich vor mehr als 20 Jahren zu pokern begonnen habe, war mir die Bedeutung des Satzes „Die Rake zahlt immer der Verlierer“ nicht bewusst. Mittlerweile verstehe ich sie sehr gut und deshalb habe ich kein Verständnis für Diskussionen rund um Rake und Fee und „was Casinos müssen“.

Über Rake und Fee wird schon genauso lange diskutiert, wie es den Hausanteil gibt. Auch über das Trinkgeld für die Dealer gibt es immer wieder hitzige Diskussion. Dass manche Casinos eine hohe Rake verlangen, finde ich persönlich nicht gut. Aber – die Nachfrage bestimmt das Angebot und wenn der Laden läuft, dann muss man die Rake-Politik nicht mehr in Frage stellen. Es ist die Mentalität des Pokerspielers, alles besser zu wissen. Interessanterweise sind sich die Spieler aber dennoch nicht einig, denn was für den einen eine „Unverschämtheit“ ist, empfindet der andere als ok.

Anfang der 2000er Jahre, als der Pokerboom noch nicht in Europa angekommen war, gab es in Wien das CCC und die Pokerworld. Beide Lokale liefen sehr gut, die Rake war sehr moderat und in höheren Limits wurde mit Time-Collection gespielt. Die Dealer verdienten sich eine goldene Nase, die Floorleute sowieo und die Besitzer wussten nicht, wohin mit soviel Geld. Die Pokerworld stellte dann irgendwann den Betrieb ein, die CCCs sind behördlich geschlossen. Aber von spielerfreundlicher Rake war schon in den letzten Jahren nichts mehr übrig. Im Cash Game war man teilweise teurer als die verhassten Casinos Austria, bei den Turnieren sowieso. Und dennoch heißt es nur noch „So schade, dass es die Cardrooms nicht mehr gibt“.

Geradezu verächtlich und geringschätzend geben Spieler kein Trinkgeld. Die EPT hat schon vor Jahren angefangen, mindestens 3  % für Staff abzuziehen, im Cash Game kam es zum „Zwangs“Tipp mit zunächst € 1, mittlerweile € 2. Ich selbst habe unzählige Male miterlebt, wie bei den Casinos Austria Turnieren – bei denen kein Cent für die Dealer einbehalten wird – die Spieler einfach „nein, ich geb aus Prinzip kein Trinkgeld“ geantwortet haben oder irgendeine fadenscheinige Erklärung geliefert haben.

Legendär ist die Aussage von Daniel Negreanu „More Rake is better“, die auch nichts anderes meint, als dass die Rake zur Nebensache wird, wenn das Spiel passt. Corona hat natürlich dazu beigetragen, dass es unzählige Privatpartien gibt. „Alles gratis und die Rake nur CAP 20“. Ja genau, aber auf Flop, Turn und River. Und trotzdem laufen die Privatpartien wie nie zuvor. Nicht die Rake ist entscheidend, sondern ob der Fisch in der Partie sitzt. Auch wenn die Spieler es nicht wahrhaben wollen – nur Verlierer, Pleitegeier und Möchtegern-Pros regen sich permanent und lautstark über die Rake/Fee auf.

Das beste Beispiel aktuell ist die Situation im King’s. Kein Spieler mag es, wenn ihm etwas weggenommen wird, was er immer hatte. Das King’s hat seit der Eröffnung des „neuen“ Casinos und des Hotels mit zahlreichen Partnerschaften seit 2017 eine unglaubliche Entwicklung gemacht. Spieler aus aller Herren Länder strömen ins Niemandsland an der tschechisch-deutschen Grenze und sie lieben es. Nur nicht die Deutschen. Die kommen zwar auch ins King’s, aber hier heißt es nur „Warum muss ich Eintritt zahlen, warum kann ich nicht permanent kostenlos am Buffet essen, warum werden 5 % Fee vom Preispool abgezogen, warum werden immer 10k WSOPE Main Event Tickets ausgeschüttet, warum wurde die Rake erhöht, warum gibt es kein € 1/3 mehr“ und so weiter. Es gibt tatsächlich für alles eine Begründung, die man mehr oder weniger gut finden kann. Tatsache ist ebenso, dass das King’s Rekordumsätze schreibt. Vielleicht nicht mit den Spielern, die mit € 50 früher das ganze Wochenende über Kost und Logis abgedeckt haben. Aber definitiv mit Spielern, die das Angebot des King’s schätzen. Natürlich gab es in den letzten Monaten europaweit nur ein eingeschränktes Angebot, was sicherlich auch zu den guten Umsätzen im King’s beigetragen hat. Aber auch mit Konkurrenz kann sich das King’s aktuell gut behaupten. Am letzten Wochenende sorgten die Niederländer wieder für ausverkaufte Turniere, in der Woche zuvor waren es die Italiener. Wenn mehr als 30 Tische € 2/5 NLH bzw. € 5/5 PLO und höher laufen, dann ist das nicht nur weil keine kleineren Limits angeboten werden.

Es gibt weit günstigere Casinos als das King’s, aber diese haben nicht das Angebot, das die Spieler wollen. Fakt ist – das King’s hat eine Größe erreicht, die Kosten verursacht. Die Zeit für Geschenke ist definitiv vorbei, wobei es für die „guten“ Gäste und auch für jahrelange Stammkunden noch immer viele Geschenke gibt. Aber das King’s ist keine karitative Einrichtung, sondern ein knallhartes Business.

Im Grand Casino Aš ist die Turnier-Fee ebenso wesentlich günstiger wie die Rake im Cash Game. Der Pokerfloor ist professionell geführt und viele Spieler lieben die familiäre Atmosphäre. Aber dort kann man eben keine Millionenpreisgelder ausspielen, weil es weder Platz noch Infrastruktur rundherum zulassen. An diesem Wochenende sind die Bounty Hunter Days zu Gast und es wird mit Sicherheit „kuschelig“ werden. Grandiose Turniere mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Es gibt keine zusätzlichen Abzüge bei den Turnierpreisgeldern und immer wieder Cash Game Specials. Die Cash Games beginnen generell bei € 1/2 NLH bzw. € 2/2 PLO, manchmal wird auch noch kleiner gespielt und die Rake ist extrem spielerfreundlich.

Das Casino Imperator liegt an der tschechisch-österreichischen Grenze und ist noch ein wenig kleiner im Poker-Business als das GCA. Aber man hat sich gut etabliert und hat natürlich auch vom Schließen der CCCs in Österreich profitiert. Bei den Turnieren werden 10 % Fee abgezogen, auch wenn die Preisgeldgarantie nicht erreicht wurde. Im American Chance Casino Route 59 wird am Wochenende auch regelmäßig gespielt. Es gibt kleine Turniere mit kleiner Rake, auch im Cash Game wird bei € 1/3 NLH bzw. € 2/2 PLO gestartet. Die Rake ist 5 %  bei CAP 20.

In Bratislava ist das Banco Casino Bratislava der Platzhirsch und ist auch Maßstab für die Konkurrenz, das Card Casino Bratislava. Die Turniere haben meist gute Preisgeldgarantien, 10 % Fee und 5 % Staff werden automatisch abgezogen. Im Cash Games wird klein ab € 1/2 NLH und € 2/2 PLO gestartet, die Rake ist bei 4 % CAP 20.

Bei den Casinos Austria gibt es tatsächlich sehr günstige Turniere. Die Turnierfee liegt aktuell bei 8 – 12 % und es wird nichts für die Dealer abgezogen. 2-3 % Tipp wären dafür aber angebracht. Im Cash Game sind es aktuell 5 % Rake bei einem CAP von € 25.

Im Grand Casino Liechtenstein gibt es täglich ein Turnier, die Tournament Fee liegt zumeist bei 10 %, es wird nichts für die Dealer abgezogen. Im Cash Game wird bei kleinen CHF 1/3 NLH bzw. CHF 1/1 PLO gestartet, die Rake ist moderat mit rund 4 % und einem CAP von CHF 30.

Die Schweizer haben nicht zuletzt durch die Clubs mittlerweile ein riesiges Turnierangebot, wobei die Fee bei den Turnieren relativ hoch ist. Das liegt vor allem auch an den hohen Dealer/Nebenkosten, die bei den privaten Veranstaltern anfallen. Dafür bieten die Clubs aber auch teils richtig gute Turniere. Die Casinos haben nur wenige größere Events, die können sich dann aber auch sehen lassen. Grob zusammengefasst gilt aber – die Schweiz ist ein teures Pflaster und definitiv nichts für Sparfüchse.

Das gilt im übrigen auch für das Casino Baden-Baden. Die Cash Game Rake ist hoch, die Action aber dank vieler Franzosen grandios. Die Spielbank Berlin hat ihre Rake für jeden übersichtlich als PDF online. Die Turniere – aktuell gibt es keine – haben normalerweise eine Fee von 10 %. Die bei weitem günstigste Poker-Spielbank in ganz Deutschland ist das Casino Wiesbaden. Es gibt keine Turnierfee, die Rake ist € 2 bei € 2/4 ab € 50 im Pot, ab den Blinds € 5/5 beträgt die Taxe € 5 bei einem Pot ab € 100. Dafür gibt es im Cash Game den „freiwilligen“ Trinkgeldzwang. Das wird den neuen Spielern schnell erklärt, funktioniert wunderbar und es gibt täglich gute Cash Game Action und zumeist ausverkaufte Turniere.

Günstige Cash Games findet man auch in den Casinos in Schleswig-Holstein. Auch hier verdient man mit Poker kein Geld, es gibt ein CAP von € 5 ab einem € 100 Pot.

Und diese Aufstellung zeigt erneut, dass Rake/Fee nicht über den Erfolg des Pokerfloors entscheiden. Dort wo die Partie gut ist, dort wird gespielt. Man will um mehrere Hunderttausend Preispool bei relativ niedrigen Buy-Ins spielen – dann bleiben das King’s, Bratislava und Liechtenstein. Wer ein Problem mit den „Nebenkosten“ hat, der sollte tatsächlich sein Spiel und seine Erfolgsquote analysieren. Wenn man online nur gewinnt, weil man Rakeback bekommt, ist man noch immer kein Winning Player. Auch nicht, wenn man 17 Bullets feuert und dann den Min-Cash mitnimmt. Poker soll Spaß machen. „Poker is the hardest way to make an easy living“ – ein Turniersieg macht noch keinen Profi und wenn man € 500 Bankroll hat, reicht das nicht um € 200 Turniere zu spielen. Wenn man sich das Turnier der Wahl nicht leisten kann, dann muss man sich das eingestehen und nicht das Casino für das Angebot kritisieren.

Übrigens – die Spieler sind tatsächlich auch mitverantwortlich, dass Poker so teuer geworden ist. Denn Re-Entries und Multi-Flight Turniere sind das schlimmste, was es für den Geld-Kreislauf im Poker gibt. Aber trotzdem sind es genau diese Turniere, die die Spieler haben wollen ….


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