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German High Rollers – Die unbarmherzige Rezension

Die erste Sendung nach dem großen Knall und dem offenen Brief von Benjamin Kang an Erich Kollmann. Das Leben geht tatsächlich weiter, die Karten fliegen wieder und wer genug Geld, Renommee und die entsprechenden Kontakte hat, darf sich bei den German High Rollern in Bild und Szene setzen. Erich Kollmann verfolgt die Sendung hoffentlich in versöhnlicher Milde von der Ferne und Benjamin Kang sitzt in – für mich persönlich übertriebener Milde – hinter dem Mikrophon des Co-Kommentators.

Ein kleines Resümee vorab für den eiligen Leser. Sehr gelungene Sendung mit allem, was dazu gehört. Ein strauchelnder Held, ein paar spannende Pots, eine unverzeihliche Fehlleistung der Spielleitung und die gar nicht so neue Erkenntnis, dass die Welt tatsächlich ungerecht ist. Zu schade, dass Benjamin Kang ausgerechnet an dem Sendetag seine freundliches Ich entdeckt zu haben scheint. Mir war der böse Kang lieber, aber da kann ich guter Hoffnung sein. The Return Of The Wuppertaler Monster ist nur eine Frage der Zeit.

Zum Setting: German High Rollers ist professionell geworden. Keine Ahnung, wie das passieren konnte. Der DSF ist von seiner Linie abgewichen, unser Auge durch ignorante Lichtsetzung und taumelnde Kamerafahrten zu beleidigen. Die Location ist wunderbar ausgeleuchtet, die Bildführung passt. Persönlich vermisse ich zwar aus purer Sentimentalität die nebeligen und überstrahlten Aufnahmen der ersten Staffel. Aber der DSF hat sich wohl gedacht, das Pornolicht der 80er Jahre sollen andere Sender pflegen und bewahren. Wir machen einfach eine schöne Produktion. Die Übung ist gelungen. Respekt!

Nichts und niemand ist perfekt und damit kommen wir gleich zu Marc Gork. Der war an diesem Abend in doppelt destruktiver Mission unterwegs. Einerseits im Streben, seine Scheine möglichst konsequent und ohne Widerstand halbwegs gerecht am Tisch zu verteilen und dann durch listig getarnte lästige Störgeräusche mit einem unheilvollen Trinkbehelf.

Bleiben wir erst beim Spiel. Jeder kennt solche Tage und wenn es mal vom Start schlecht läuft, kommt man leicht in diesen unheilvollen Strudel des Verlierens. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man folgende Bemerkung bei deutschen Gerichten als Ehrenbeleidigung einklagen kann, aber mitunter dachte ich mir: Der Gork spielt ja so wie ich! Noch dazu an einem schwachen Tag und mit meinem letzten Geld. Also quasi immer.

Markus Golser versus Marc Gork
Markus Golser versus Marc Gork

Auch wenn es Marc Gork nur wenig trösten wird. Mein Herz hat er gewonnen (sonst nicht viel). Er ist witzig, charmant, nett im Vortrag und hat auf souveräne Art jetzt schon diese Grandezza in der Ausstrahlung, für die sich andere Jungs ein Leben lang erfolglos bemühen.

Vielleicht hätte sich Gork einfach nicht mit den Tonmännern anlegen dürfen. Wer einmal beim Film gearbeitet hat, weiß das. Schlafen Sie niemals mit der Aufnahmeleiterin und seien Sie nett zu den Kollegen vom Ton. Jetzt sitzen da alle – wie bereits lobend erwähnt – im netten Licht und Gork schafft es eine halbe Sendung lang mit Becher und Strohhalm Geräusche zu erzeugen, die mich an den Western Klassiker “Duell am Missouri” erinnern. Die Schlussszene in der Jack Nicholson dem schlafenden Marlon Brando die Kehle durchgeschnitten hat und der trotzdem noch ein Wort sagen möchte, weil es wohl so im Drehbuch steht. – Irgendwann hat man Gork dann den Strohhalm weggenommen und das Geld leider auch. Aber der Junge kommt zurück, schon alleine weil ich ihm nächsten Sonntag die Daumen drücke werde.

Kommen wir elegant zum zweiten großen Verlierer der aktuellen Folge Joram Völklein. Persönlich bin ich ja der Meinung, Vorurteile sollte man hegen und pflegen. Mein erster Eindruck von Völklein ist dementsprechend. Schaut gut aus, schicke Sonnnenbrille, doppelt schicker 5-Tage-Bart (3 Tage waren gestern), schwarzes T-Shirt (wahrscheinlich auch noch gebügelt) – ich hasse diesen Typ Mann. Einfach so und in der Regel ohne meine Gefühle zu hinterfragen.
In ganz seltenen Momenten  – wenn es einfach überhaupt nicht anders geht – revidiere ich meine Vorurteile und ich muss zugeben, zur aufgesetzten Völkleinschen Coolheit gesellt sich eine tatsächliche dazu. Ganz groß wie er Simon Münz gewaltig ausbezahlt, den Pot verliert, ein glaubwürdiges “schöne Hand” hinterher schiebt, und aus einem üblen Fetzen von Kuvert weitere frische Scheine hervorholt. Hätte er jetzt in all seiner gestylten Schickheit noch eine Geldklammer gehabt, meine lebenslange Antipathie wäre ihm sicher gewesen. So reiche ich ihm virtuell die Hand zur Versöhnung. Auch schöne Männer können cool sein – das sei hiermit bewiesen

Joram Völklein
Joram Völklein

Wenn ich schon dabei bin meine Beziehungsprobleme aufzuarbeiten gleich der Schwenk zu Markus Golser. In den alten glorreichen Zeiten konnten wir uns definitiv nicht leiden. Von meiner Seite hat sich allerdings über die Jahre ein aufrichtiger Respekt entwickelt. Schließlich überleben wir ja beide auf unsere Art im selben Haifischbecken. – Seit German High Rollers fange ich an, Golser persönlich zu mögen (so sehr ich auch dagegen ankämpfe). Schon bei der ersten Staffel habe ich mich zu einer Laudatio hinreißen lassen und auch in der German High Rollers Folge ein souveräner, sympathischer Auftritt.
Diesmal war eine kleine Bemerkung über eine Hand, die man österreichweit als “Der Waldhauser” kennt. Aus dieser kleinen Bemerkung entwickelte sich am Tisch während des Pots eine spannende Diskussion, was es denn mit dieser geheimnisvollen Hand auf sich haben könnte.
Markus Golser hat das dann nett erklärt. “Der Waldhauser” steht für Q 6 offsuit, benannt nach einem viel zu früh verstorbenen Wiener Hold´em Spieler der ersten Stunde. Ich persönlich erinnere mich an so manche gemeinsam durchgespielte Nacht in den frühen Neunziger Jahren, als Texas Hold´em eine exotische Sportart war. Namen wie Thai-Charly, Porno-Hannes, Nathan R, Ronny C., der Doktor, Mustafa aka “Movefaster” und eben besagter Waldhauser (u.v.m.).

Hans Waldhauser selber hat so manche Schlacht am Spieltisch erfolgreich geschlagen, leider hat sein Körper das wichtigste Match verloren. Hundert Zigaretten am Tag sind tatsächlich nicht gesund und in Kombination mit unzähligen kleinen Cafes und einem entsprechenden Lebenswandel einfach im wahrsten Sinne nicht überlebbar. Markus Golser hat jetzt vielleicht ein wenig dazu beigetragen, dass dieser Veteran des Pokerns über die Grenzen hinaus in einer Hand weiterlebt und das rechne ich ihm hoch an.

Eine kleine bittere Nachbemerkung zu Michael Körner. Seit drei Jahren lausche ich diesem untadeligen Kommentator, der sich niemals zu billigen Pointen hinreißen lässt und an schlüpfrige Witze kann ich mich schon gar nicht erinnern. Dass sich Körner ausgerechnet heute zu einem “Homo Waldhauser” Witzelchen versteigt, weil jemand J 6 offsuit spielt, war wenig passend. So mancher gewaltbereite Freund des verstorbenen Waldhauser hätte sich über dieses Sakrileg  – milde ausgedrückt  – wenig amüsiert.

Deal it twice
Deal it twice

Zum Abschluss zur regeltechnischen Szene des Abends. George Danzer mit den Königen prallt auf Johannes Strassman mit AK. Die beiden sind heads-up, das ganze Geld wandert vor dem Flop in die Tischmitte und man einigt sich auf “deal it twice”. Hilfesuchend wiederholt die Dealerin dieses  spätestens seit High Stakes Poker auch bei uns bekannte Arrangement.
Im Pot € 30.550 und der Flop kommt  5 Q 3 – Turn 3 – River 10. George gewinnt somit den halben Pot fix. Jetzt sollt die zweite Austeilung von Turn und River kommen. Die Dealerin, offenbar durch die spezielle Situation und durchaus verständlich ein wenig verunsichert, kündigt laut an was sie als nächstes zu tun gedenkt: “Ich brenn jetzt noch mal und lege ein komplettes Board”. Niemand von der Spielleitung kommt ihr da zu Hilfe. Wenn eine Dealerin im Zuge einer Sendung plötzlich laut sagt, was sie vor hat, dann ist das doch eine Art Hilferuf korrigierend einzugreifen, falls da was nicht in 0rdnung ist. Und da ist eine Menge nicht in 0rdnung. Es gibt natürlich keinen zweiten Flop bei “deal it twice”. Nur Turn und River werden neu gegeben. Fehler passieren und der Dealerin würde ich da keinen Vorwurf machen. Dass mein Kollege Bejamin Kang allerdings in seinem Kommentar dazu dermaßen Milde walten lässt, irritiert mich dann schon. Man stelle sich vor im Champignons Legue Finale legt der Schiedsrichter beim alles entscheiden Strafstoss den Ball auf den 16er und Marcel Reif kommentiert das mit “Eigentlich würde der Ball ja nach vorne gehören  – aber egal”.
Zusätzlich muss ich da Ben Kang noch einmal widersprechen. Sein Kommentar: “…. dadurch hat George den halben Pot verloren” ist nicht zutreffend. Bei richtiger Handhabung wäre das As unbarmherzig am Turn gekommen. So gesehen ist dem konkreten Fall nichts passiert. Der Splitpot was unausweichlich. Und Glück, dass am zweiten Board am unrechtmäßigen Turn und River nicht der letzte König auftaucht, dann wäre Johannes Strassmann der Beschädigte gewesen.

Jetzt bleibt mir nur zu hoffen, dass ich jetzt keinen bösen offenen Brief vom Kollegen Kang bekomme. In meiner nächsten Rezension werde ich mich mehr auf die anderen Teilnehmer der illustren Runde konzentrieren. Für heute ist es mal genug. – Wenn ich das nächste Mal Markus Golser treffe, werde ich ihn auf ein Getränk einladen und auf die alten Zeiten anstoßen. Sollte er sein gefährlich glänzendes goldenes Sakko im Kasten lassen, klopfe ich ihm vielleicht sogar anerkennend auf die Schultern. Verdient hätte er es allemal.


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