Pokerstrategie

Martin Sturc: AA vs. KK -­‐ ein Flip?

Ich nehme Bezug auf den Bericht von Stephan Kalhamer zum Deichmann Most Wanted Poker Camp, bei dem er mit einem Paar Asse gegen die Könige von Pius Heinz verloren hatte -­‐ und dies letztlich als Flip titulierte.

MSturc mailPoker ist ein Geschicklichkeitsspiel und Denksport, weil man wie in anderen Disziplinen durch Talent und hartes Training eine Edge auf seine Konkurrenten haben kann. Bei klassischen Glücksspielen wie Roulette oder BlackJack kann man selbst mit der ausgeklügeltsten Taktik langfristig niemals gewinnen. Doch wann haben wir beim Pokern eine Edge und wie wirkt sich diese auf das Spielergebnis aus?

Als Sportwissenschaftler ziehe ich meist andere Sportarten als Vergleichsbeispiel heran, weil dies ein so abstraktes Thema am Besten illustrieren kann. Wenn ich morgen gegen Roger Federer ein Tennismatch spiele, ist der frühere Weltranglistenerste zweifelsohne aufgrund seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten haushoher Favorit. Ich könnte lediglich dann als Sieger vom Platz gehen, wenn wir nur einen Ballwechsel als Bewertungsmaßstab heranziehen und ich mich bei diesem auf der glücklichen Seite der Varianz befinde (er also zum Beispiel einen Doppelfehler macht). Seiner Edge wird er aber auf jeden Fall dann gerecht, wenn wir ein Game oder gar einen Satz spielen. Je höher die Samplesize, desto eher spiegelt das Endergebnis letztlich auch das wahre Kräfteverhältnis wieder. Wie im Sport so auch bei Poker.

Nun stellt sich die Frage, ob Roger Federer auch eine Edge hat, wenn ihm Rafael Nadal gegenübersteht. Als bekennender Fan des Schweizers würde ich ihm auch hier noch die Favoritenrolle zuschreiben, jedoch ist diese um ein Vielfaches geringer als im ersten Beispiel. Um sicherzustellen, dass am Ende des Tages tatsächlich Roger gewinnt, bedarf es hier weit mehr als ein Game oder einen Satz. Selbst ein Match muss nicht zwangsläufig ausreichen, damit der „Richtige“ gewinnt. Ergo: Je kleiner die Edge, desto mehr Spiele sind notwendig, um ein repräsentatives Ergebnis zu erhalten. Wie im Sport so auch bei Poker.

Spinnt man dieses Gedankenkonstrukt weiter und lässt man zwei Spieler mit derselben Spielstärke gegeneinander antreten, findet sich die erforderliche Wiederholungszahl in der Unendlichkeit wieder. Laut dem Gesetz der großen Zahlen nähert sich die Relation der tatsächlichen Ergebnisse den Siegwahrscheinlichkeiten an. Anders gesagt: Im long run betrachtet, wird jeder der Akteure 50% der Partien gewinnen, weil sie eben über das gleiche Spielniveau verfügen. Wer nun die einzelnen Matches gewinnt, hängt von Faktoren wie Tagesform, Wetterbedingungen oder anderen Zufallselementen ab, die nicht unter der Kontrolle der jeweiligen Akteure liegen. Es handelt sich sozusagen bei jedem einzelnen Spiel um einen Flip.

Zurückkommend auf das Beispiel von Stephan: Wenn wir davon ausgehen, dass die Spielweise in der beschriebenen Situation sowohl von Pius als auch von Stephan optimal war und die gewählten Strategien wie in der Spieltheorie so schön formuliert „wechselseitig beste Antworten“ darstellen, dann befindet sich das Spiel in einem Gleichgewichtszustand. Kein Spieler macht einen Fehler und entsprechend kann auch kein Spieler exploited werden. Niemand hat in dieser Situation folglich eine Edge, vor allem wenn man bedenkt, dass die Chips auch in gespiegelter Variante in die Mitte wandern. Der Outcome von dieser speziellen

Situation ist letztlich wie jener im einzelnen Tennismatch zwischen Roger Federer und Rafael Nadal zufallsabhängig, und aus übergeordneter Perspektive daher ähnlich wie der Münzwurf als „Flip“ zu bezeichnen.

Martin Sturc
APSA Präsident


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