Kolumnen

Rebuy bis zum Final Table – der (Alb)Traum der Pokerspieler

Immer lauter wird die Kritik an den unzähligen Re-Entry Optionen bei Pokerturnieren, sei es live oder online. Tatsächlich ist die Community in ihrer Meinung aber so tief gespalten wie der Marianengraben.

Der gemeine Pokerspieler ist nun mal ein Spiegel der Gesellschaft. Lob gibt es  kaum, Verbesserungsvorschläge, Kritik und verbale Entgleisungen dafür aber zuhauf. Nicht zuletzt durch die WSOP kamen lange Re-Entry Phasen und unzählige Rebuy/Re-Entry Optionen wieder ins Kreuzfeuer. Mike Matusow kritisierte harsch die  Möglichkeit, dass man sich bei den $10k+ Championship Events der WSOP bis an Tag 2 einkaufen konnte. Da an Tag 1 normalerweise ein Drittel des Feldes schon ausgeschieden sei, haben die Late Regs einen massiven Vorteil.  Was folgte war eine heiße Diskussion ohne Ergebnis. Unbestritten ist, dass Late Regs einen ICM Vorteil haben, aber Einigung, was denn richtig sei, gibt es keine.

Dass die langen Late Regs und unlimitierten Nachkaufoptionen der schleichende Tod der Pokercommunity sind, ist kein Geheimnis. Noch ist das vorhandene Geld aber ausreichend bzw. täuschen Stakings und verkaufte Anteile (gerne auch Varianzausgleich genannt) über das Poker-Finanzsystem am Rande des Zusammenbruchs hinweg. Immer höher müssen die Buy-Ins werden, immer höher die Preisgeldgarantien. Spielt man eben nur noch mit 3 % Eigenanteil, aber Hauptsache man spielt. Die Stakingszene verzerrt den Wettbewerb weitgehend, denn natürlich re-entert man deutlich leichter, wenn man nicht in die eigene Tasche greifen muss. Und wenn man gut verkauft hat, hat das Markup ohnehin die Nebenkosten bei den Liveevents auch noch abgedeckt.

Es ist eine neue Pokerwelt, die nicht jedem gefällt, aber tatsächlich wird sie umgekehrt von jedem gefördert. Je höher der Preispool, desto attraktiver wird das Turnier für den Spieler. 47 Flights schaffte partypoker schon bei einem einzigen Turnier. Buy-In und Preisgeld stehen bei so vielen Starttagen oft nicht mehr in einer wirklichen Relation, aber soweit denkt der Spieler nicht. Wären es nur zwei Flights und der Preispool entsprechend niedriger, würden es die Spieler gar nicht spielen, denn der Preispool sei zu niedrig.

Alle Online-Anbieter haben täglich Freezeout Turniere im Angebot. Teils mit sehr attraktiven Garantiesummen, aber hier zeigt sich dann doch das reelle Spielervolumen, denn diese Turniere neigen zu Overlays. PokerStars zahlt bei  klassischen Sunday Million Ausgaben regelmäßig drauf, während die günstigen PKO Ausgaben regelrecht gestürmt werden. GGPoker tritt bei seinen Masters Vorzeigeformaten auf der Stelle, jede Woche wird um das Erreichen der Garantiesumme geflippt. Man sollte meinen, dass das die Turniere durch mögliche Overlays noch attraktiver würden, aber hier greift dann die verkehrte Logik der Pokerspieler – wenn das Turnier overlayed, dann ist es kein gutes Turnier und damit werden die Spielerzahlen kontinuierlich weniger.

Der direkte Vergleich zeigt leider oft, dass nicht nur durch die Re-Entries der Preispool höher ist, sondern auch die tatsächliche Spielerzahl höher ist. Weil eben auch für denjenigen, der nur eine Bullet verschießt, der Pot größer ist. Es wurden schon viele Berechnungen angestellt, was denn jetzt richtiger ist oder wie lange sich in welchem Turnier die Late Reg lohnt, denn vor allem für die großen Staking Pools der Pros ist das relevant.

Leider ist auch das Poker Angebot durch die Nachfrage bestimmt und so dreht sich die Abwärtsspirale kontinuierlich weiter. Würde ein Anbieter oder ein Casino diesen Step back machen, dann könnte man auf Dauer eben nicht mit den Preisgeldgarantien und großen Events mithalten. Online würde sich das sehr schnell bemerkbar machen, bei den Live Casinos kommen zahlreiche andere Faktoren wie Infrastruktur und Möglichkeiten des Casino hinzu, sodass es nicht ganz so drastische Auswirkungen hätte. Aber es braucht bei den Live Casinos dann wieder ein gewisses Extra wie Location oder Service, um die niedrigen Preisgelder auszugleichen.

Es liegt an den Spielern, Rebuy/Re-Entry bis zum Final Table zu verhindern. Aber wahrscheinlich schließt sich doch eher der Marianengraben, als dass Pokerspieler einer Meinung sind und gemeinsam für ein gesundes Poker-Ökosystem sorgen.


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