News

Von der Showbühne ins Gemüsebeet – Jamila von Perger im Exklusiv-Interview

Jamila von Perger – einst WPT Siegerin, Twitch-Streamerin und eine der bekanntesten deutschsprachigen Pokerspielerinnen, jetzt Auswanderin in Portugal. Unverändert aber ist ihre starke Meinung.

Fast zehn Jahre lang tanzte Jamila von Perger über das internationale Turnierparkett und hatte eine aussichtsreiche Karriere als Poker Pro und Twitch-Streamerin vor sich. Mit der COVID-19 Pandemie änderte sich für Jamila aber alles und statt Chips stapelt sie nun Marmeladengläser. Wie es zu diesem Wandel kam? Wir haben ein wenig mit ihr geplaudert.

Jamila von Perger bei der CAPT Seefeld 2020

Pokerfirma: Seit Jahren gehörst Du zu den bekanntesten deutschsprachigen Pokerspielerinnen. Wie kamst Du eigentlich in die Pokerszene?

Jamila von Perger: Das ist fast genau zehn Jahre her. Ich habe in Wien Soziologie studiert und Poker ist dann immer mehr zu meinem Lebensmittelpunkt geworden.

Pokerfirma: Du hast ja auch die WPT National 2016 in Wien gewonnen – und damals auch viel Kritik dafür geerntet, dass Du so kurz nach der Geburt Deines Sohnes James schon wieder am Pokertisch gesessen hast.

Jamila von Perger: Das stimmt. Ich war damals so auf meine Pokerkarriere fixiert, das schnelle Leben von einem Pokerturnier zum anderen. Dazu kam auch noch dieses generelle neue Frauenbild „Frauen machen Karriere und sitzen nicht zu Hause“, das mich zu dieser Zeit sehr geprägt hat. Der Ehrgeiz, unbedingt eine erfolgreich Pokerspielerin zu sein, war mir damals sehr wichtig und es hat schon ein wenig gebraucht, mich an die Rolle als Mutter zu gewöhnen. Rückblickend würde ich niemals wieder so entscheiden, sondern immer mein Kind an erster Stelle setzen.

Pokerfirma: Da klingt nun schon auch durch, dass Du Dein Leben nicht nur örtlich und finanziell komplett verändert hast, sondern auch Deine Grundprinzipien. Wir haben uns das letzte Mal 2020 bei der CAPT Seefeld gesehen. Damals warst Du gerade neu bei Pokercode und eigentlich sah es danach aus, als würdest Du zum Online-Pro werden.

Jamila von Perger: Ja, ich hatte damals gerade Verträge mit Pokercode als Brand Ambassadorin und No Limit Gaming als Twitch-Streamerin unterzeichnet. Und wäre nicht Corona passiert, dann wäre ich diesen Weg auch garantiert weiter gegangen.

Pokerfirma: Aber COVID is passiert …..

Jamila von Perger: Ja. Und ich hatte schon früh bemerkt, dass das so nicht sein kann. Ich war eigentlich kein politisch engagierter Mensch. Im Gegenteil, ich hatte immer die Meinung, dass die Politiker schon richtig entscheiden und alles machen, damit es dem Volk gut geht.

Pokerfirma: Wir wollen das Interview jetzt aber bitte zu keiner politischen Diskussion machen. Aber was hat dazu geführt, dass Du Poker den Rücken gekehrt hast?

Jamila von Perger: Wie gesagt, ich habe begonnen, mich immer mehr mit Corona und den Maßnahmen zu beschäftigen. Ich konnte während des ersten Lockdowns nicht mehr streamen, weil ich ja meinen damals dreijährigen Sohn bespaßen musste. Die Kitas hatten geschlossen und eigentlich war es dann bei der Wiedereröffnung, als mir quasi die Augen geöffnet wurden. Oder besser gesagt – ich festgestellt habe, dass ich etwas ändern muss. Es gab eine Situation in der Kita mit James. Durch die Corona-Maßnahmen gab es dort auch neue Richtlinien und James‘ Freunde waren alle in einer anderen Gruppe. Ein Dreijähriger hat kein Verständnis für solche Regelungen und als die Betreuerin fast hysterisch wurde, weil er „in der falschen Gruppe“ sei, war das für mich ein richtiges „Aha“ Erlebnis. Ich wollte das meinem Kind nicht mehr zumuten und fing konkret an, Auswanderungspläne zu machen.

Pokerfirma: Die Wahl fiel auf Portugal

Jamila von Perger: Ja. Aber wir haben uns viel Zeit gelassen, um in Portugal anzukommen und wenn es nicht gepasst hätte, wären wird auch weitergefahren und hätten weiter gesucht.

Pokerfirma: Und wie finanziert man so einen Umzug?

Jamila von Perger: Ich hatte mein Haus in Kiel gut verkauft, außerdem habe ich auch meine Pokerbankroll, die ich bis auf weiteres ja nicht mehr brauche. Und mit dem Geld habe ich mir hier rund 8.000 qm Grund gekauft. Es war mir wichtig ein Grundstück mit einem eigenen Brunnen zu finden, auch die Olivenbäume und alten Weingärten.

Pokerfirma: Das hört sich fast nach Hippie an….

Jamila von Perger: Mir ist es wichtig, dass wir uns so weit wie möglich selbst versorgen können.

Pokerfirma: Das heißt, Ihr lebt auch vegan.

Jamila von Perger: Ja, fast ausschließlich. Aber wenn James jetzt bei Freunden zu Besuch ist und dort gibt es Würstchen, die er auch gerne essen mag, dann darf er das.

Pokerfirma: Wie ist das Leben in Portugal, wie ist es mit der sprachlichen Barriere?

Jamila von Perger: Tatsächlich sind hier viele Deutsche, Engländer und Holländer. James wächst jetzt dreisprachig auf – aber portugiesisch brauchten wir bislang fast gar nicht. Allerdings werden wir das jetzt gemeinsam lernen.

Pokerfirma: Und wie finanziert man das Aussteiger-Leben?

Jamila von Perger: Ich habe ja wie gesagt meine Ersparnisse und hier benötigt man wirklich nur sehr wenig Geld. Die Lebenshaltungskosten sind generell sehr gering und da ich unser Essen versuche möglichst selbst anzubauen, bleiben nicht mehr viele Kosten übrig. Strom, Internet und Benzin sind schon die größten Kostenpunkte.

Jamila in ihrem Garten

Pokerfirma: Das klingt nach einer ganz anderen Jamila als die, die ich von früher kenne.

Jamila von Perger: Ja, ich habe mich schon grundlegend geändert. Auch wenn ich das damals als richtig empfunden habe, meine Karriere so zu pushen, weiß ich heute, dass es falsch war. Die Prioritäten, die ich damals gesetzt habe, entsprachen auch dem, was mir durch mein Umfeld auch so vorgegeben wurde. Wie ich vorhin schon sagte – dieses „die Frau muss Karriere machen“ wird in unserer Gesellschaft schon sehr in den Vordergrund gestellt. Heute weiß ich, dass es nichts schöneres gibt, als Zeit mit seinem Kind zu verbringen und viel bewusster zu leben.

Pokerfirma: Das heißt, es wird kein Comeback der Pokerspielerin Jamila von Perger geben?

Jamila von Perger: Vorerst sicher nicht. Ich mochte zwar das Streamen, aber generell habe ich Live- gegenüber Online Poker immer bevorzugt. Und live werde ich unter diesen Umständen sicher nicht spielen.

Pokerfirma: „Diese Umstände“ – damit meinst Du Die Corona-Maßnahmen.

Jamila von Perger: Ja. Ich respektiere die Entscheidung eines jeden einzelnen, aber man muss sich schon bewusst werden, dass mit diesem „nur geimpfte Personen, nur Personen mit Masken, nur getestete Personen“ absichtlich Personen vom Pokertisch (und in vielen anderen Bereichen) einfach ausgegrenzt werden. Und selbst wenn ich mich impfen lassen würde, möchte ich nicht Teil einer Gesellschaft sein, die absichtlich Wertigkeiten von Menschen aufstellt.

Pokerfirma: Aber gerade in Portugal ist die Impfquote sehr hoch.

Jamila von Perger: Ja, weil die Leute hier sehr vertrauensselig sind. Die glauben alles, was in den Medien kommuniziert wird. Wenn da steht oder gesagt wird „geh dich impfen“, dann machen die das, weil die Regierung wird doch keinesfalls etwas Schlechtes wollen. Aber hier, wo wir jetzt leben, gibt es kaum Einschränkungen. Seit Dezember gibt es wieder ein Maskenpflicht, aber hier wo ich lebe, geht man doch auch lockerer damit um als in den großen Städten.

Pokerfirma: Das hört sich doch nach einem idyllischen Leben an. Warum postest Du aber dennoch fast täglich in Deinem Instagram Account rund um Corona. Es gibt ja darauf sicherlich genug negative Reaktionen, das ist doch masochistisch.

Jamila von Perger: Ist es auch irgendwie. Aber ich hatte schon immer eine Meinung und die muss auch raus. Sicherlich sind Kommentare oft verletzend, aber es ist mir wichtiger, die Leute zum Nachdenken zu bringen. Und offenbar erreiche ich doch einige, denn immer mehr Pokerspieler – auch bekannte Namen – melden sich bei mir und fragen, wie es denn ist, nach Portugal auszuwandern.

Pokerfirma: Es scheint, als hättest Du Deinen Platz zum leben und „Dein“ Leben gefunden.

Jamila von Perger: Ja, das fühlt sich alles gerade richtig und wichtig an. Genauso wie mein Leben jetzt ist. Ich hoffe nur, dass viele anfangen, das System kritisch zu hinterfragen.

Pokerfirma: Bevor es nun doch wieder politisch wird – Danke für Deine Zeit und alles Gute weiterhin in Portugal. Und vielleicht sieht man sich ja doch wieder am Pokertisch.

Jamila von Perger: Danke. Bis auf weiteres triffst Du mich dann aber doch eher im Gemüsebeet als im Casino.


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
15 Comments
Inline Feedbacks
View all comments