Kolumnen

Ein Jahr nach dem Schweizer Turnierverbot – Der 100 Frankenvorstoss

Der Bundesgerichtsentscheid vor einem Jahr kam für alle überraschend. Turnierpoker in der Schweiz wurde über die Nacht verboten, weil es doch ein Glückspiel sei. Frau Wolfer von der Eidgenössischen Spielbankenkommission hat sich seither von mir ein Sheriffstern verdient; aber nur einen aus Plastik.

Kaputte Türen, Beschlagnahmungen von Ipods und vor allem teure Polizeieinsätze, das scheint ihr Ding zu sein. Sie konnte vielleicht Bußen um die 5000 Franken aussprechen, aber dort wo kein wirklicher Veranstalter eruiert werden konnte, gab es keine Anklage und die Differenz dieser Willkür zahlt schlussendlich der Steuerzahler. Erich Kästner hätte, wenn er doch nur noch lebte, ideales Material für eine schöne Erzählung gefunden.

Genutzt hat es nichts. Poker in der Schweiz außerhalb von den Casinos ist ein Bedürfnis und es funktioniert immer besser. Die Verabredungen über moderne Kommunikationsmittel ist kein Problem und gespielt wird dann still in Hinterzimmern unter Freunden und entzieht sich jeder sozialen Kontrolle.

Was kann Frau Wolfer jetzt tun, um diesen Wahnsinn der Illegalität und der verschiedenen Grauzonen zu entfliehen? Genau! – Pokerturniere dem Schweizer Kartenspiel „Jass“ gleichzustellen. So wäre sie als Bundesbehörde nicht mehr zuständig und die Kantone hätten die Entscheidungsfreiheit über die Veranstalter.

Sie könnte dazu eventuell sogar den ersten Präzedenzfall der Schweiz verwenden, wo das Obergericht Zürich im „Poker-Ali Fall“ Ali Ü zugesteht, dass er mit Geschick im Pokerspiel Geld verdiene, sich so über einen Arztbefund stellt und ihm die Renten streicht. Dann müsste man nicht dieser löchriger Studie aus Deutschland glauben schenken, welche der Casinoverband für den Bundesgerichtsentscheid vorlegte.

Natürlich bin ich ein Träumer und Phantast; aber eben auch Realist und Spieler. Aber wenn ich den an und für sich guten und erneuten Vorstoss von Lukas Reimann analysiere, welcher die 100 Franken Pokerturniere einführen will, tönt dies erstmals fantastisch. Aber beim näheren Hinschauen auf Nebenkosten, wie Rake, Kost und Logis würden diese Turniere nie und nimmer gewinnbringend gespielt werden können und so auf Dauer immer eine Investition und als Hobby gelten.

Zudem heißt der Gegner immer noch „Casinoverband“ welcher eine große politische Lobby innehält. Gerade die Argumente wie Sicherheit, Suchtprävention und fehlende Steuerabgaben könnten diesen Vorstoss rasch zum Fallen bringen.

Deshalb muss man diese Argumente schon vorab in ein Konzept verpacken und die Werbetrommel schwingen, welche bessere Lösungen als zum Beispiel die Suchtprävention bei den Casinos beinhaltet. 100 Franken drauf zu schreiben scheint mir die falsche Lösung.

Ein Vorschlag betreffend die Entwertung der Suchtpräventionsfrage gegenüber Casinos könnte lauten:

– Vollständige Registrierung von persönlichen Daten für Pokerspieler in einer zentralen Datenbank.
– Identifikation mittels einer Spielkarte und eines amtlichen Ausweis bei der Bezahlung des Buyins.
– Zentrale Führung aller gespielten Pokerturniere mit Statistik und Kostenkontrolle für die bezahlten Buyins.
– Enge Zusammenarbeit mit einer Suchtpräventionsstelle zur Evaluierung von Massnahmen für Suchtgefährdete.
– Festsetzung von Monatslimiten für Spieler

Mit solchen Massnahmen wäre es auch möglich höhere Buyins zu spielen und vielleicht eine Schweizermeisterschaft durchzuführen, welche einen hohen garantierten Preispool verspricht.

Um solche Argumente zu formulieren und den Politikern „pfannenfertig“ zu servieren, wäre eine Interessenvereinigung in Form einer Pokerlobby, ein ideales Mittel zur Durchsetzung solcher Argumente. Versuche wie die Gründung eines Pokerverbands bevor elf Monaten, scheinen nicht gefruchtet haben. „Euphorie kann durch harte Arbeit getötet werden“.

Ich bin mir sicher, wenn mehr Einigkeit unter den Interessenten besteht, könnte man mutige Politiker wie Lukas Reimann besser unterstützen. Dienen würde es der Legalität des Pokerspiels und durch die Abgabe der Kompetenzen der Eidgenössischen Spielbankenkommission an die Kantone schlussendlich auch dem Steuerzahler, welcher diese Wildwest Razzien von Frau Wolfer nicht mehr berappen müsste.

Cheers
Martin Bertschi


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