Es könnte alles so schön sein. Legale Pokerclubs bieten den Spielern Pokerturniere für kleines Geld, der SPOV kümmert sich um die rechtlichen Belange und Anliegen, die SPSA um den sportlichen Bereich und die Schweiz wird zum Pokerparadies. So viel zur Theorie. In der Praxis gleicht die Poker-Schweiz aber einem Schlachtfeld.
Brandherd # 1 – Der SPOV
Keine zwei Monate ist es her, dass ich über den akuten Vorstandsmitgliederschwund beim Schweizer Pokerverband SPOV geschrieben habe. Was ist seither passiert? Nun, noch ein Vorstandsmitglied hat sich verabschiedet, Marco Eichenberger hat am 2. Oktober die Finanzen zurückgelegt und sich vom SPOV zurückgezogen. Damit ist nun auch diese Sparte fest in der Hand von Präsident Rene Ruch und seiner Frau Ruth Renaud. Natürlich nur als Interimslösung, denn sogar via Facebook versucht man nun keine Verbands-, sondern dezidiert „Vorstandsmitglieder“ zu finden.
Haben die Clubs lange Zeit noch gedacht, dass sie die SPOV Mitgliedschaft zwangsläufig für die Genehmigung durch die Kantone brauchen, so gibt es hier zumindest den positiven Trend der Emanzipation, dass man das alleine durch Kommunikation mit den Behörden ganz gut hinbekommt und sich nicht den hanebüchenen Kontrollen des SPOV Vorstands aussetzen muss.
Brandherd # 2 – Die SPSA/SPL
Im SPOV Desaster hätte man damit rechnen können, dass die Swiss Poker Sport Association (SPSA) sich profiliert, für Spieler und Clubs eintritt und der neue Stern am Schweizer Pokerhimmel wird. Martin Frank hat mit seinem Austritt aus dem SPOV nahtlos in die Geldspielkommission der SPSA gewechselt und als eines der renommiertesten Mitglieder der Schweizer Pokerwelt hat er damit auch unbewusst oder doch bewusst die Hoffnungen geschürt. Pokerfirma hat die SPSA im letzten Jahr durch die Swiss Casinos Poker League begleitet. Die Pläne waren groß, die Präsentation professioneller als man es aus dem Amateur-Poker(Sport)Bereich gewohnt ist. Mit eigentlich unfassbaren CHF 250.000 war die Season 2022/23 dotiert, eine eigene komplett digitale Arena sollte schließlich das krönende Zuhause der SPSA werden. Wer hoch hinaus will, kann tief fallen. Und es scheint, als bräuchte die SPSA dringend einen Rettungsschirm, sonst wird das eine Bruchlandung, wie sie die deutschsprachige Pokerszene so noch nicht erlebt hat.
Das Geld der Liga – tja, da steht ein dickes fettes Minus. Es ist nicht so, als hätte das Geld jemand verprasst oder sich aus dem Staub gemacht, es ist einfach nicht da. Unsichere Zusagen, zu euphorische Planung und eine geänderte finanzielle Situation der SPSA Initiatoren haben zu dem Desaster geführt. Nun steht man vor dem Scherbenhaufen und versucht zu kleben, was schon längst in Milliarden Splitter zersprungen ist. Eine außerordentliche Generalversammlung Anfang Oktober brachte keine wirklich Lösung und die Pläne, die dort beschlossen wurden, lösen sich bereits wieder in dunkelschwarzen Rauch auf. Vor allem weil die Spieler der SPL, die ihr Geld und ihre Zeit in der Hoffnung auf tolle Preisgelder investiert haben, nicht mehr auf Versprechungen warten. Die ersten Clubs – Kings & Queens und Next Level Poker Sports Biel – haben öffentlich ihren Rückzug aus der SPSA/SPL erklärt und weitere Teams werden folgen. Es steht auch im Raum, dass es Klagen von Teams/Spielern gegen die SPSA geben soll.
Die Leidtragenden – Clubs, Spieler und das Image
Pokerspieler haben bekanntlich viele Meinungen und es ist bestimmt nicht leicht, auch nur annähernd einen gemeinsamen Nenner zu finden, der alle zufriedenstellt. Vor allem das Geldspiel ist ein sehr heißes Eisen, das oft genug die Stimmung anheizt. Neid und Missgunst treiben den ein oder anderen an, unter der Berufung auf die Vorschriften auf deren penibelste Einhaltung zu bestehen. Würde man tatsächlich mit gleichen Maßstäben überall ansetzen, wäre es noch verständlicher, aber die in der Politik so gerne praktizierte Vetternwirtschaft kommt auch hier zu tragen. Man weiß schon, wann der richtige Moment ist, um die Augen fest zuzudrücken. Eine gemeinsame Vertretung von Clubs und Spielern, die sich wirklich um die Anliegen der Mitglieder kümmert, scheint nun auch in der Schweiz die eierlegende Wollmilchsau geworden zu sein. Was vom Tage übrig bleibt, ist einmal mehr die Bestätigung der öffentlichen Meinung, dass Poker doch was von Wild West hat und außer Lug und Betrug nichts zu erwarten ist.
Das Fazit
Die Clubs werden weiter die Spieler nach bestmöglichen Wissen und Gewissen mit breit gefächerten Angeboten vorsorgen und es bleibt zu hoffen, dass man sich untereinander so weit gut verständigt, dass man vielleicht auch gemeinsam gegenüber den Behörden Verbesserungen herausholen könnte. Ob die SPL als Phönix aus der Asche emporsteigen kann, bleibt abzuwarten, denn die Talsohle scheint hier noch nicht erreicht. Den Spielern sei geraten – Augen auf bei der Anbieter-Wahl. Nicht, dass am Ende nur Staub von Glamour und Glitter übrig bleibt.