Ein günstiges Buy-In und ein fetter Preispool, aber unzählige Flights – sind Multi-Flight Turniere ein Segen oder doch eher ein Fluch?
In den letzten drei, vier Jahren haben sich Multi-Flight Turniere in der Online- und Livepoker Welt breit gemacht. Es hat ein bisschen etwas von Lottospielen, dann man braucht schon einen guten Run, um es bei solchen Turnieren ganz nach vorne zu schaffen. Doch wenn man es schafft, dann gibt es einen fetten Zahltag. Die Massenevents prägen schon seit Jahren die Livepokerszene. In Europa ist es vor allem das King’s Resort Rozvadov, das dieses Format etabliert hat und sich so auch zum größten Pokerroom Europas hochgearbeitet hat. Auch das Banco Casino in Bratislava fährt die Schiene erfolgreich und macht immer mehr von sich reden. Die World Poker Tour (WPT) hat mit dem WPT500 ein Massenformat, die World Series of Poker (WSOP) schuf das Colossus und feierte mit dem Big50 neue Rekorde.
Auch die Online-Anbieter setzen immer mehr auf die Multi-Flights. Was partypoker mit dem Grand Prix startete, hat GGPoker fix im wöchentlichen Programm und in allen Festival-Schedules. Auch PokerStars versucht es immer wieder, ebenso 888poker. Doch während die Live-Events erfolgreich auch nach der Corona-Pause erfolgreich performen und in Las Vegas und Florida schon wieder für neue Rekorde sorgen, straucheln die Onliner mit dem Format.
GGPoker garantierte beim GG Spring Festival mehr als $150.000.000 an Preisgeldern und spielte fast $180.000.000 aus. Doch die Multi-Flight Events hatten teils krasse Overlays, vor allem die Omaha Events. Beim $1.500 PLO Main Event konnte trotz unzähliger Flights ebenso wenig die $2.000.000 Garantie erreichen wie beim $1.500 NLH Main Event die $10.000.000 Garantie. Natürlich sind die fetten Preispools attraktiv, Sieger KingKongJoel ging immerhin mit mehr als $1,1 Mio. Preisgeld vom Tisch. Aber den Final Table zu erreichen bei so vielen Teilnehmern ist nun mal nicht leicht.
War die Begeisterung früher noch größer, so erkennen doch langsam die Spieler, dass die Multi-Flight Turniere eine Kostenfalle für die Bankroll sind. Unzählige Bullets, aber erst am Final Table gibt es richtig Geld. Davor sind die Preisgeldstufen so flach, dass es kaum einen Unterschied macht, ob man min-casht oder Platz 20 erobert. Natürlich zahlt sich auch bei den One-Day Tournaments erst der Final Table wirklich aus, aber man feuert definitiv weniger Bullets, oft sogar nur eine. Damit hat man selbst mit dem Min-Cash schon ein kleines Plus statt eines fetten Minus.
Live funktionieren die Multi-Flight Turniere noch deutlich besser, denn hier sind es nicht so viele Bullets, die man feuert. Sicherlich kann man aus einem $100 Turnier bei zehn Flights ein $2.000 Turnier machen, aber es dauert einige Tage. Online reiht sich ein Flight an den nächsten, kaum ist man bei einem gebustet, starten schon die nächsten zwei Heats. Vielleicht ist es aber auch das inflationäre Angebot der Multi-Flight Turniere bei den Onlinern, das das Format zunehmend unattraktiver macht. partypoker strauchelt mit dem Traffic schon seit einiger Zeit und hat generell die Handbreme bei Flights und Re-Entries gezogen. Nur noch der Grand Prix lockt mit vielen Flights, bei anderen Turnieren geht man deutlich in die kostengünstige Richtung. Bei GGPoker bleibt man auf der Schiene, „mehr Flights sind besser“ und auch die kommende WSOP Super Circuit Online Series vergibt die meisten Goldringe mit unzähligen Startmöglichkeiten.
Die Poker-Community ist genauso uneins – die einen lieben die Multi-Flights eben weil man für kleines Geld richtig groß absahnen kann, die anderen sind schon genervt, wenn es mehr Flights als Buchstaben im Alphabet gibt. Mit der Rückkehr von Live-Poker in Europa darf man auf jeden Fall damit rechnen, dass die Multi-Flights im Aufwind sein werden. Alleine schon deshalb, weil sich alle darauf freuen, endlich wieder Karten in den Händen halten zu können.